Polizei kommt jungen Tätern bei
Die Initiative „Kurve kriegen“ soll schon Kinder vor einem Abrutschen in die Kriminalität bewahren.
Hilden. Ein Intensivtäter, der bis zu seinem 25. Lebensjahr permanent straffällig ist, verursacht soziale Folgekosten von 1,7 Millionen Euro (Erziehungsmaßregeln, Haftvollzug, Transferleistungen). Dies hat eine Studie des Umfrageinstituts Prognos ergeben. Solche kriminellen Karrieren starten oft schon in Kinderjahren. Hier setzt die Initiative „Kurve kriegen“ des Landes an, die 2016 auch im Kreis Mettmann etabliert worden ist. Sie zielt auf noch straf-unmündige Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis 14 Jahren, die mit einer Gewalttat oder drei Eigentumsdelikten (Diebstahl) aufgefallen sind und in die Kriminalität abzugleiten drohen.
„Dazu kommt als weiteres Kriterium ein schwieriges familiäres Umfeld, im Extremfall sind die Eltern selber strafrechtlich in Erscheinung getreten oder haben Hafterfahrung“, erklärt Heike Jung von der Abteilung Kriminalprävention Opferschutz. „Man muss sich die Ursachen für das kriminelle Handeln immer individuell anschauen“, ergänzt ihr Kollege Bernd Hildebrand. Als Partner für dieses frühe Interventionsangebot hat die Polizei den Caritasverband Mettmann mit ins Boot geholt. „In Zusammenarbeit mit geeigneten Trägern bieten wir Coolnesstrainings und erlebnispädagogische Angebote“, berichtet Nils Ostermann (Caritas). Alle Angebote basierten auf einem Gruppensetting.
„Die Jugendlichen sollen lernen, sich in Gruppen konfliktfrei zu bewegen und ihr Verhalten im Gruppengefüge zu hinterfragen: Sind sie eher Rädelsführer oder Mitläufer? Müssen sie lernen, sich zu behaupten oder andere zu unterstützen?“ Bei den Trainings würden sie auch mit ihren Straftaten konfrontiert. Es gibt auch Einzeltrainings, etwa Musikunterricht. Von den 24 Projektteilnehmern wurden bereits vier abgemeldet.
„Weil sie über einen längeren Zeitraum nicht erneut straffällig wurden und sich abzeichnete, dass die Einbindung ins soziale Umfeld stabil ist“, sagt Petra Bräcklein von der Caritas. Ausgangspunkt des Projektes ist ein umfassendes „Risikoscreening“: „Wir haben aus unserer Datenbank zunächst 1100 Tatverdächtige dieser Altersklasse herausgefiltert. Zehn Prozent davon entsprachen den Projekt-Kriterien“, sagt Bernd Hildebrand. Da die Teilnahme auf Freiwilligkeit beruht, schieden diejenigen Kinder aus, deren Eltern sich verweigerten oder bei denen die Pädagogen der Ansicht waren, dass ein Elternteil oder der betroffene Delinquent nicht die nötige Kooperationsbereitschaft mitbringe.
Nicht aufgenommen wurden auch Kinder mit Migrationshintergrund, die keine Bleibeperspektive haben. Es blieben 24 Fälle. Momentan nehmen noch 18 Kinder und Jugendliche an dem Programm teil. „Wir wiederholen dieses Screening natürlich in regelmäßigen Abständen, um auch die neuen Fälle von jugendlicher Straffälligkeit zu erfassen“, so Hildebrand. Gerade sei man dabei, mit vier weitern Kindern Kontakt aufzunehmen.
Bei dem Erstgespräch mit den Eltern wird auch deren Einwilligung eingeholt, gegebenenfalls Daten vom Jugendamt anzufordern. Viele der Familien beziehen bereits erzieherische Hilfen. „Wenn eine Maßnahme beendet ist, werden alle Datensätze gelöscht“, so Hildebrand.