Schiedsleute brauchen viel Gespür
Sechs Frauen und Männer setzen sich in Haan dafür ein, dass Konflikte schnell gelöst werden.
Haan. Peter Schüller (70), ehemaliger Realschulleiter in Hilden und demnächst wieder stundenweise Musiklehrer, hat erst wenige Fälle erlebt. Seine Beobachtung: „Es sind oft Streitereien unter Nachbarn, die schon seit Jahren schwelen und manchmal sogar zurückgehen bis in die Jugend.“ Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo die Kontrahenten zum Anwalt gehen und dieser ihnen erklärt, dass er nichts tun kann, weil vor dem Gerichts- das Schlichtungsverfahren steht.
Das gilt unter anderem für kleine Strafrechtsfälle oder Streit unter Nachbarn. Schüller ist der Stellvertreter von Peter Kürten (66), der seit acht Jahren Schiedsmann im Haaner Süden/Osten ist und damit der Erfahrenste in der Gruppe. Auch er hat überwiegend mit Nachbarschaftsfehden zu tun — 70 Prozent waren Überwuchs oder Hecken.
Kürten setzt in solchen Fällen auf Ortstermine, obwohl in den vorbereitenden Schulungen für die Ehrenämtler davor gewarnt wird: „Ich habe den Eindruck, vor Ort kommen die Leute eher zusammen. 90 Prozent meiner Ortstermine enden mit einer Einigung“, sagt er. Klappt das nicht im ersten Anlauf, gibt es ein zweites Schiedsverfahren, oft mit Anwalt. Juristen würden oft eine gütliche Einigung verhindern, hat er beobachtet. Zumindest liegt seine Erfolgsquote hier nur bei 50 Prozent.
Kommt es zu einem Vergleich, bemüht sich Kürten, gerichtsfeste Texte zu formulieren. Er kennt sich in mehreren Rechtsbereichen gut aus, hat er doch früher als Controller gearbeitet, war Betriebsrat und hatte viel mit Wohneigentumsrecht zu tun. Kerstin Beyer (56) ist die Schiedsfrau in Haan West/Mitte. Auch sie arbeitet mit kleinen Psychotricks, setzt die Leute so, dass sie sich anschauen müssen. Oder stellt den Kontrahenten die Frage, was sie täten, wenn der andere zusammenbrechen und Hilfe brauchen würde. Die meisten sagen dann: „Natürlich würde ich dem helfen.“
Ihre Stellvertreterin ist Petra Hansen (57) und oft schlichten die beiden Frauen im Team. Ihr Lieblingsfall sind die seit langem über „böse Hecken und Sträucher streitenden Nachbarn, zwei Ehepaare in den 70ern“, wo sie irgendwann herausgefunden hat, was der wahre Grund für den Zwist ist: „Die Ehefrau des einen Nachbarn ist tot und der Witwer hat inzwischen eine deutlich jüngere neue Partnerin. Das ist es, was die Frau des anderen tatsächlich aufregt“, erzählt sie amüsiert.
Hansen und Beyer setzen nicht auf Ortstermine, sind aber trotzdem erfolgreich. Menschenkenntnis braucht man, Lebenserfahrung und die Fähigkeit, sich in die Streithähne hinein zu versetzen.