Haan/Port Macquarie Awo-Senioren stricken für verletzte Koalas
Haan. · Buschfeuer in Australien: Die Handarbeitsgruppe der Arbeiterwohlfahrt in Gruiten hilft.
Der kleine Patient ist fast ausgetrocknet, hat Brandwunden an Beinen und Füßen und wirkt völlig apathisch. Und doch kann er sich glücklich schätzen: Denn der junge Koala ist der Flammenhölle im australischen Bundesstaat New South Wales entkommen. Im Koala Hospital in Port Macquarie hat das kleine Kerlchen Zuflucht gefunden. Hier päppelt ihn das Personal mit Elektrolyten und Eukalyptus auf. Tierärzte versorgen die Brandwunden und wechseln alle drei Tage die Verbände. Nicht selten wird ein Söckchen über den Verband gezogen, damit ihn das Tier nicht so leicht abbekommt.
Der Nachschub dafür kommt unter anderem aus Gruiten: Unterstützung bei der Anfertigung von Socken für die bei den Buschfeuern in Australien verletzten Koalas leisten neuerdings nämlich auch die Damen der Handarbeitsgruppe der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Dorf. Sie stricken, was das Zeug hält.
Gruitenerin hatte Idee bei Telefonat mit Schulfreundin
Awo-Mitglied Gisela Obst hat den Kontakt hergestellt. Sie hat eine alte Schulfreundin in Australien, die mittlerweile in Port Macquarie lebt. Bei einem Telefonat im vergangenen Jahr kamen die beiden Freundinnen auf die Idee, den verletzten Tieren, die zur Zeit im Koala-Hospital in Port Macquarie behandelt werden, zu helfen. Es ist das einzige Hospital dieser Art in Australien. „Auch die Leitung der Tierklinik, mit der man über diese Art von Hilfe gesprochen hatte, war von dieser Idee begeistert”, berichtet Heinz Kuepper vom Vorstand der Awo in Gruiten. Denn die Situation vor Ort sei katastrophal.
Sue Ashton, die Chefin des landesweit einzigen Koala-Krankenhauses in Port Macquarie, das auch noch in einem der Brandgebiete liegt, bringt es auf den Punkt. Sie schätzt, dass es landesweit Zehntausende Tiere nicht geschafft haben. „Allein in unserer Gegend sind Hunderte Koalas gestorben“, sagte sie unlängst in einem Interview. In einem über lange Zeit untersuchten Gebiet seien etwa zwei Drittel der Population verendet. Das Koala Hospital in Port Macquarie versorgt kranke und verletzte Tiere. Vor allem die gefährlichen Brandverletzungen müssen zurzeit behandelt werden.
Hilfe, wie die aus Gruiten, ist hochwillkommen. Erst vor kurzem gab die Klinikleitung bekannt, sie sei „überwältigt“ von der Bereitschaft der Menschen weltweit, ihre Arbeit zur Rettung der Wildtiere zu unterstützen.
Dazu gehört auch die in Leverkusen ansässige Dogman Tierhilfe, deren Zuständigkeitsbereich Haan umfasst. Deren Vertreter Marcus Barke entschied sich zusammen mit Kollegen anderer Tierhilfsorganisationen sogar dafür, selbst nach Australien zu reisen. In Cooma – eine Stadt im Südwesten des Landes und rund 115 Kilometer südlich der Hauptstadt Canberra gelegen – arbeitete er mit einem kanadischen TierrettungsTeam zusammen: Sie alle brachten unter anderem verletzte Tiere in Auffangstationen. „Wir sind k.o., haben aber wirklich viel bewegen können“, lautet sein Fazit.
Für den Lebensraum und die Population der Koalas – wie Kängurus sind auch sie nur in Australien heimisch – sieht es nicht gut aus, fürchtet Tierklinikchefin Sue Ashton. Auf der Känguru-Insel, einem beliebten Urlaubsziel im Süden des Landes, ist nach Schätzungen von Wildschützern die Hälfte der Tiere verendet oder wird es wohl noch. Darunter ist möglicherweise die Hälfte der etwa 50 000 Koalas. Es werde Jahre dauern, bis sich die Tierwelt erhole, glaubt Ashton. In Gruiten wird vorerst noch so manches Söckchen gestrickt werden müssen. pec