„Wer meint, Tempolimit eingehalten zu haben, soll widersprechen“
Gabriele Schön ist Juristin des ADAC Nordrhein.
HIlden/Haan. Gabriele Schön ist Fachanwältin für Verkehrsrecht beim ADAC Nordrhein. Im Interview nimmt sie Stellung zum aktuellen Streit um mobile Blitzer, wie den auf der Autobahn 46 zwischen Haan Ost und Wuppertal.
Frau Schön, viele Autofahrer ärgern sich, dass die mobile Überwachungsanlage an der A 46 so positioniert ist, dass sie wie die Verlängerung der Leitplanke wirkt und einen kurz vor dem Ende der Geschwindigkeitsbegrenzung quasi versteckt „erwischt“. Jetzt drohen gerichtliche Auseinandersetzungen. Wie bewerten Sie das?
Gabriele Schön: Zunächst einmal: Wer auch immer in so eine Radarfalle gerät, sollte sich als erstes fragen, ob er beziehungsweise sein Auto nicht wirklich zu schnell war. Manchmal schaut man ja sofort auf den Tacho. Wer sich nach dieser ersten Prüfung eingestehen muss, dass er tatsächlich schneller unterwegs war, als erlaubt, sollte keine juristischen Verrenkungen starten, sondern lieber zahlen.
Warum nicht trotzdem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen?
Schön: Weil das im Zweifel ganz schön teuer werden kann, vor allem, wenn man keine Rechtsschutzversicherung hat.
Aber im Internet heißt es beispielsweise auf der Seite einer auf Blitzer spezialisierten Kanzlei: „Jeder zweite verschickte Bußgeldbescheid ist fehlerhaft.“ Temposünder werden gebeten, ihre Fälle mitzuteilen, damit Fachanwälte sie auf Messfehler überprüfen können.
Schön: Bei solchen Statistiken bin ich unabhängig von diesem speziellen Fall generell immer skeptisch. Vor Gericht nutzen sie einem im Zweifelsfall nämlich meist nichts, da es immer auf den Einzelfall ankommt. Kosten entstehen aber meist schon vorher, etwa, wenn der Anwalt Akteneinsicht nimmt. Die geht über eine Erstberatung oft hinaus. Und so kommen schnell 400 bis 500 Euro zusammen, ohne dass es überhaupt schon . zum Gerichtstermin gekommen ist.
Also lieber immer zahlen?
Schön: Nein, das muss nicht sein. Wenn Sie etwa ein schnelleres Fahrzeug neben sich hatten, stellt sich die Frage, ob falsch ausgelöst oder zugeordnet wurde. Auch wenn Sie der festen Ansicht sind, das Tempolimit eingehalten zu haben, lohnt ein Einspruch. Sicherheit gegen unnötige Mehrkosten bietet aber nur eine Rechtsschutzversicherung.
Was macht die mobilen Blitzer denn überhaupt so angreifbar?
Schön: Fest installierte Geräte werden regelmäßig geeicht und liefern dann aufgrund des festen Standortes gleichbleibende Qualität ab. Auch mobile Anlagen müssen selbstverständlich geeicht sein. Jedoch reicht es manchmal schon, wenn einer über die Kabel stolpert - und schon ist die Ungenauigkeit da. Und sie bergen immer die Gefahr, an jedem neuen Standort nicht ganz korrekt aufgestellt worden zu sein.
Sind denn die Blitzer unmittelbar hinter einem Ortsschild oder direkt hinter einer Baustelle nicht auch angreifbar?
Schön: Nein. Darüber mag sich der Autofahrer ärgern, aber es ist zulässig. Sogar behördliche Empfehlungen, wo Radaranlagen zu stehen haben, sind rein interner Natur und nutzen Temposündern nichts. Außerdem muss man einfach festhalten: Baustellen sind auf Autobahnen die weitaus häufigste Unfallursache. Blitzer dort aufzustellen, ist also keine Schikane.
Hat der ADAC denn einen ultimativen Tipp im Blitzer-Streit?
Schön: (lacht) Haben wir. Er lautet: Im Zweifel immer runter vom Gas.