Zweiter Prozess um Raubüberfall auf Rentner in Haan Ehefrau belastet ihren Mann vor Gericht schwer

Haan. · Sechster Verhandlungstag im zweiten Prozess um den Überfall auf den Rentner am Hermann-Löns Weg. Der Angeklagte war für Monate ins Ausland geflohen.

Am Tag nach dem Überfall Ende Mai 2017 zeigt Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert bei einer Pressekonferenz das Bild einer beim Raub erbeuteten Uhr.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Sie hätte die Aussage verweigern können. Sie hätte auch die rosarote Brille aufsetzen können, um ihren nun wegen seiner Mittäterschaft beim Überfall auf einen Pensionär vor Gericht angeklagten Ehemann in ein gutes Licht zu rücken. All das hat die 25-Jährige nicht getan und damit ihrem Mann gezeigt, wie es auch hätte laufen können im Sommer 2017, als der sich feige aus dem Staub gemacht hatte. Der 37-Jährige war Hals über Kopf in den Libanon geflohen, um erst Monate später wieder nach Haan zurückzukommen.

Warum er getürmt ist? Seiner Frau scheint er das anfangs gar nicht, und später nur in „kleinen Häppchen“ erzählt zu haben. Sie war derweil alleine mit dem gerade geborenen Sohn – verzweifelt und nicht wissend, was um sie herum geschah. Später soll ihr Mann sie auch noch geschlagen und gewürgt haben, sie hatte ihn wegen häuslicher Gewalt angezeigt.

Nun saß die junge Frau als Zeugin vor Gericht und ließ den Richter teilhaben an dem Kummer, der sie seit Jahren begleitet. Den eigenen Mann auf der Anklagebank zu sehen und seine dunkle Seite vor sich selbst nicht mehr leugnen zu können: Dazu braucht man Mut.

Er habe nie viel gesprochen, auch nicht über die Tat. Ihr sei damals aber aufgefallen, dass er sich verändert habe. Immer wieder habe sie ihn im Libanon angerufen und gefragt, was er getan habe und warum er nicht nach Hause kommen würde. Dann sei der jüngere Bruder ihres Mannes verhaftet worden, weil Mittäter im Prozessverlauf einen „Ali“ bezichtigt hatten, beim Überfall auf den Pensionär dabei gewesen zu sein. Wie er das einfach hinnehmen könne – wohlwissend, dass ein Unschuldiger verdächtigt werde: Das habe sie ihren Mann damals am Telefon gefragt. Der sei dann zurückgekommen – möglicherweise auch, weil sein hinterher gereister Vater ihm ins Gewissen geredet hatte.

Zwischenzeitlich hatte jemand einen anonymen Brief an die Polizei geschrieben, in dem zu lesen war, dass man tiefer graben müsse auf der Suche nach dem damals noch unbekannten Mittäter in einer in Haan ansässigen, libanesischen Großfamilie. Der Verfasser des Briefes begründete seine Anonymität so: „Sie kennen sich ja mit Clans aus. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen.“

Auch die nun als Zeugin vernommene Ehefrau hatte der Polizei später erzählt, was sie über die Beteiligung ihres Mannes wusste. Viel sei das nicht gewesen, vor allem nichts Konkretes. Ob er noch im Haus war, als das Opfer dort über Stunden hinweg malträtiert wurde? Dass wisse sie nicht, und dieses Nichtwissen glaubt man ihr auch.

Der Prozess wird in der kommenden Woche fortgesetzt.