Ehrung des KZ-Überlebenden Janusz Mlynarski
Janusz Mlynarski (90) überstand als überzeugter Katholik die Hölle von Auschwitz. Am Montag hat sich in einer großen Feierstunde ins Goldene Buch der Stadt Monheim eingetragen.
Monheim. Eine Krücke braucht er als Gehhilfe. Und doch wirkt er ungebeugt: Janusz Mlynarski. An diesem Montagmorgen ist großer Empfang für ihn im Ratssaal der Stadt Monheim. Janusz Mlynarski feiert auf den Tag genau seinen 90. Geburtstag. Doch das ist nicht der eigentliche Grund dafür, dass so viele gekommen sind, um zu gratulieren.
Janusz Mlynarski steht nicht nur für einen Mann mit hohem Alter: Er steht für Widerstand gegen Menschenverachtung. Die Nazis hatten ihn nach Auschwitz deportiert. Mlynarski hat fast fünf Jahre Hölle überlebt — und seine katholischen Werte nie verraten. Und er mahnt: „Aus der Geschichte lernen!“ Dabei leuchten die blauen Augen.
Janusz Mlynarski wurde am 21. Mai 1922 als Johann Müller im polnischen Posen geboren. Als Sohn einer deutschstämmigen Familie hätte er nach dem Einmarsch der Wehrmacht eigentlich nichts zu verlieren gehabt. Doch die Gestapo wurde auf ihn aufmerksam, weil er sich in der katholischen Kirche engagierte. „Meinen Glauben konnten sie mir nicht nehmen. Nie.“, sagt er.
Johann Müller ging in den Untergrund. Er legte sich den Namen Janusz Mlynarski und polnische Papiere zu. Am 9. Mai 1940 wurde er in Krakau verhaftet und kurz danach nach Auschwitz gebracht. Aus Angst hielt der junge Mann seinen wahren Namen geheim. Er befürchtete, als Spion erschossen zu werden. Außerdem war die Verleugnung der deutschen Staatsbürgerschaft unter Strafe gestellt. Später wollte er den Namen nicht mehr haben. „Es war nicht mehr meiner.“
Es folgten die Jahre, die ihn so prägen sollten. Wie sie überlebt hat? „Es war neben meinem Glauben vor allen die Kraft meiner Jugend und viel Glück. Das gehörte auf jeden Fall dazu.“
Der 17-Jährige wurde dem „Jugendblock“ zugeteilt. Etwa 300 Jungen waren dort zusammengepfercht. Tritte und Demütigungen durch SS und Lagerpersonal waren an der Tagesordnung. „Es war wichtig, sich keine blauen Flecken im Gesicht einzuhandeln. Wer schwach aussah, wurde noch mehr geschlagen. Dieses Lager sollte keiner von uns überleben“, erinnert er sich.
Als Glücksfall erwies es sich für Mlynarski, dass er mit Fleckfieber und Bauchtyphus zwar die schlimmsten Lagerkrankheiten bekam — sie aber besiegte und dagegen resistent wurde. „Das hat mir das Leben gerettet. Denn daraufhin wurde ich als Pfleger eingesetzt. In den Krankenstationen gab es keinen brutalen Appell und kaum Kontrollen, also auch keine Schläge.
Kein SS-Mann wollte sich unnötig lange bei den Kranken aufhalten. Starb jemand in der Nacht, habe ich seinen Tod erst nach der Essensausgabe gemeldet. Das half uns anderen“, schildert er es.
Fünf Tage vor der Befreiung von Auschwitz durch die Russen wurde ein Großteil der Gefangenen auf einen 70 Kilometer langen Todesmarsch in Richtung Österreich geschickt. Mlynarski überlebte wie durch ein Wunder. Er wurde ins Lager Ebensee deportiert. Bei der Erinnerung an diesen Marsch verliert der sonst so zurückhaltende Mann fast seine Selbstbeherrschung. Er spricht schnell. Die Menge des Ertragbaren ist überschritten.
Am 6. Mai 1945 kam die Befreiung: Amerikaner öffneten die Lagertore. „Die Soldaten haben geweint vor Erschütterung über unsere Verfassung“, erinnert sich Mlynarski. Als er mit 23 Jahren seine Lagerkleidung ablegte, wog er nur noch 38 Kilo.
Jedes Jahr trifft er sich mit anderen Opfern in Auschwitz. Nicht alle verstehen, dass er in Deutschland lebt. „Man kann den Einzelnen nicht an einem System messen, sondern nur an seinen Taten. Ich habe in Auschwitz auch Menschen getroffen, die mir geholfen haben, zu überleben“, sagt ihnen dann Janusz Mlynarski — geboren als Johann Müller.