Ein Fährmann kennt keine Langeweile
Wegen Niedrigwassers liegt die Rheinfähre Urdenbach — Zons fest. Doch Schiffer Ravil Fajzulin hat keine Zeit zum Däumchen drehen.
Monheim/Dormagen. Inzwischen hat es sich einigermaßen herumgesprochen, dennoch muss Ravil Fajzulin immer noch und immer wieder mal kopfschüttelnd Antwort geben: „Nein, tut mir leid, die Fähre fährt nicht — Niedrigwasser“, antwortet er dem, der soeben bei ihm am Anleger auf der Zonser Rheinseite angeklopft hat. „Ach du Schande“, erwidert darauf der verhinderte Passagier. „Wir sind mit dem Fahrrad da. Wie kommen wir denn jetzt über den Rhein?“
Fährmann Fajzulin bleibt nichts anderes übrig, als den Radler und seine Begleitung auf die Fleher Brücke im Norden oder den Fährbetrieb Köln-Langel/Hitdorf im Süden zu verweisen. „Für Radfahrer ist dieser Umweg natürlich hart. Aber was soll ich machen“, sagt der 52-Jährige.
Ravil Fajzulin, Fährmann
Seine „Niederrhein“, die normalerweise Zons mit der Urdenbacher Kämpe verbindet, legt seit Montag eine Zwangspause ein. „Rund 1,20 Meter Wasserstand nach Kölner Pegel ist einfach zu wenig für uns.“ Zwar droht die 30-Tonnen-Fähre, die bis zu 60 Tonnen Last befördern kann, sich nicht gleich festzufahren, aber: „Wir wollen keine größeren Schäden am Schiff riskieren. Das ist es uns nicht wert.“ Problematisch für die „Niederrhein“ ist die Urdenbacher Seite. Inhaber Wolfgang Jansen, der die Fähre betreibt, hat im vorigen Jahr extra den Uferbereich am Ausleger vertiefen lassen — doch bei extremem Niedrigwasser wie derzeit reicht das nicht. 3,17 Meter beträgt der Kölner Pegel im Durchschnitt, der aktuelle unterbietet ihn also um fast zwei Meter. Da hat es die Fähre Köln-Langel/Hitdorf besser: Für sie ist erst bei einem Pegel von 90 Zentimetern schluss — ein sehr seltenes Ereignis. Der bisherige Minusrekord (aus dem Jahrhundertsommer 2003) beträgt 80 Zentimeter. „Wenn es gegen 1,20 Meter geht, hört man die Schiffschrauben über den Kies schleifen. Schon vorige Woche mussten wir extrem vorsichtig fahren — das war eine Quälerei“, seufzt Fajzulin. Zumal vorbeifahrende Schiffe einen Sog verursachen, der den Wasserstand kurzzeitig noch mal um bis zu 50 Zentimeter verringert. „Das ist wie ein Mini-Tsunami“, erklärt der Fährmann den Effekt, der ihm bei Niedrigwasser zusätzlich zu schaffen macht.
Laut Hochwasserschutzzentrale Köln verändert sich der Rheinpegel derzeit kaum. Deshalb geht Unternehmenschef Jansen davon aus, dass die Fähre frühestens in der nächsten Woche ihren Betrieb wieder aufnehmen kann. Etwa 400 Autofahrer und rund 40 Fußgänger, teils mit Fahrrad, nutzen die Fähre im Tagesschnitt — da tut jeder Tag Ausfall finanziell natürlich weh.
„Die Betriebskosten laufen weiter, nur den Diesel können wir sparen“, sagt der Unternehmer. Weil die Niedrigwasserpausen — zumindest gefühlt — häufiger geworden sind, weiß Jansen damit aber umzugehen. Ölwechsel, Wartungsarbeiten, Reparaturen — statt in den Weihnachtsferien wird ein Teil davon eben schon im Herbst erledigt. „Normalerweise sind wir zu viert. Aber in dieser Woche bin ich vom Team der einzige auf der Fähre. Die anderen haben Urlaub genommen“, berichtet Ravil Fajzulin. Trockenes Wetter nutzt er nun, um rostige Stellen an Deck abzuschleifen. Dann trägt er Rostschutzmittel auf, anschließend Vorstrichfarbe, schließlich Lack.
„Wenn’s regnet, säubere ich den Maschinenraum“, erzählt der Ukrainer mit tatarischen Wurzeln. Oder er berät sich mit einem beauftragten Mechaniker, der Maß nimmt für die Ersatzteil-Beschaffung. „Auf einem Schiff“, sagt Fajzulin, „gibt es eben immer etwas zu tun“.