Erkrath: Stetig ist nur die Veränderung
Unternehmer, Freigeist, Gutmensch und Politiker – Peter Hesse (71) lässt sich in keiner Schublade ablegen.
Erkrath. "DENNOCH" - das ist ein Wort, das Peter Hesse immer groß schreibt. Vom ersten bis zum letzten Buchstaben. Man mag sich fragen, warum er das tut. Wer ihm zuhört, erfährt die Antwort.
"DENNOCH" - das ist für Peter Hesse eine Lebenseinstellung. Umfallen und wieder aufstehen. Scheitern und trotzdem nicht aufgeben. Eine Vision haben, daran glauben und sie irgendwann Realität werden lassen. All das hat der ehemalige geschäftsführende Gesellschafter der Firma H. Schmincke & Co gelebt.
Schon zu Jugendzeiten meldete sich sein unruhiger und kritischer Geist. "Das Aufwachen in der Realität kam mit der Pubertät. Danach ist die Suche nach Veränderungen zu einer Leidenschaft geworden", sagt er im Rückblick.
Der Weg in den Familienbetrieb schien vorgezeichnet, obwohl Peter Hesse gern Kunst studiert hätte. Das konnte sich wiederum der Vater für den einzigen Sohn nicht vorstellen.
Bereits während des BWL-Studiums erschien dem allerdings vieles als unsinnig, zu wenig auf den Menschen bezogen. Hesse begehrte auf, versammelte Gleichgesinnte um sich, wollte mehr und anders lernen. In Managerseminaren, die er irgendwann selbst leitete, konnte er einiges davon umsetzen.
Beruf, Familie, Kinder: Lebensentwürfe haben oft eine gleichmäßige Struktur und bieten Halt und Sicherheit. Für Peter Hesse war all das lange Zeit undenkbar. "Ich habe als Junggeselle ein Lotterleben geführt - ohne wirkliche Bindung", erinnert er sich. Manches davon würde er heute anders machen. Lernen wurde für ihn mehr und mehr zu seiner zweiten Leidenschaft, neben der Veränderung.
Wer immer wieder alles in Frage stellt und auf alles Stetige verzichtet, muss sich ständig neu orientieren. Peter Hesse macht kein Geheimnis daraus, dass auch er oft besorgt und zornig über den Zustand unserer Welt war und immer noch ist. "Aber man darf sich davon nicht lähmen lassen", sagt er.
Er selbst folgt seit langem einer inneren Führung, wie er seine innere Stimme nennt. Er hat gelernt, ihr zuzuhören. Sie hat ihn irgendwann nach Haiti, und dort mit den Bewohnern eines Bergdorfes unter einen großen Baum geführt.
Davor hatte er es schon mit Managerkursen als Entwicklungshilfe versucht, nachdem er eigentlich auf die Insel gefahren war, um Musik zu hören und sein Blick bei dem Elend drum herum hängen blieb.
"Die Managerkurse waren nicht das, was die Menschen dort wirklich brauchten. Also habe ich zugehört und erfahren, dass ich etwas für die Kinder tun kann", erzählt Peter Hesse von den Anfängen seines Haiti-Projektes. Mehr als 50 Montessori-Vorschulen und fast 800 ausgebildete Lehrer:
Das ist die Bilanz der Peter-Hesse-Stiftung nach 25 Jahren in Haiti. Sie wurde zu seinem Lebenswerk, nachdem ihn seine Gesundheit zwang, sich zu entscheiden und er die Geschäftsführung der Firma Schmincke & Co. vor zehn Jahren an seinen Nachfolger übergeben hat.
Als Unternehmer hat sich Peter Hesse übrigens auch parteipolitisch engagiert. Nach einer heftigen wirtschaftspolitischen Debatte mit dem damaligen Juso-Vorsitzenden entschied er vor mehr als 30 Jahren: Wir gehen jetzt erstmal zusammen in die Altstadt ein Bier trinken, und morgen trete ich in die CDU ein.
Mittlerweile hat er jeglichen Respekt vor großen Organisationen verloren. "Ich werde mit meinen Ansichten in vielen Gremien nur belächelt", glaubt er. Beeindrucken lässt er sich davon allerdings nicht.
Dabei hilft ihm seine Erinnerung an die Worte seines ehemaligen Schulleiters im Internat Salem: "Bleib’ immer offen für Veränderungen, aber wenn du etwas als richtig erkannt hast, dann schwimme dafür auch gegen den Strom."
Daran hält sich Hesse bis heute. Er reist viel, pendelt zwischen seinen Häusern in Düsseldorf und Genf, und jedes Jahr hockt er gemeinsam mit den Mönchen auf dem Boden der Kirche von Taizé auf Haiti. Er hält Seminare auf dem Weltsozialgipfel und hat gerade das erste Montessori-Schulungszentrum in Afrika ins Leben gerufen.
In ein paar Tagen packt er schon wieder die Koffer, um zum Montessori-Kongress nach Indien aufzubrechen. Manchmal setzt er sich aber auch einfach in sein kleines Boot, um über die Wellen zu schaukeln. Es trägt den Namen, den auch schon seine Vorgänger hatten: "DENNOCH".