Hamlet ist ein Lautsprecher
Shakespeares Klassiker feierte am Freitag in der Neandertalhalle Premiere. Regisseur Orlando Schenk zeigt eine moderne Fassung.
Mettmann. Ausgerechnet „Hamlet“, jenen düsteren und bedrückenden Klassiker Shakespeares, hat sich Regisseur Orlando Schenk mit dem Artwerk und Kulturamt als moderne Inszenierung vorgenommen.
Am Freitagabend feierte das Stück in der Neandertalhalle Premiere. Bereits die Generalprobe zeigte: Ambitioniert sind die Absichten, interessant die Ergebnisse.
Dänemark, Ort des Geschehens, wirkt wie eine unschuldig-weiße Schneelandschaft. „Dänemark ist ein Gefängnis“, sagt der Titelheld (Marc-Oliver Teschke), weniger stiller Grübler als zorniger Lautsprecher. Er fragt sich, warum ihm der Geist seines toten Vaters (Daniel Wandelt) erscheint.
Mit dem Satz „Wenn du je Deinen Vater liebtest, rächst du seinen Mord!“ erpresst der Vater ihn. Aber der gerne monologisierende Prinz („Sein oder Nichtsein“) hat nicht nur den Auftrag, Neu-König und Alt-Onkel Claudius (André Klem) seiner mörderischen Machenschaften zu überführen. Nebenbei führt er auch eine durchaus komplizierte Liaison mit Ophelia (Melissa Pohlmann), der smarten Tochter Polonius’ (Achim Brock).
Jeder in dieser Konstellation hat seine eigenen Pläne, den anderen auszuspionieren. Am Ende gibt es viele Tote. „Es ist keine ‚normale’ Inszenierung, sondern eine Zusammenführung verschiedener Mikrokosmen“, erklärt Regisseur Schenk.
Einerseits versuchen die Darsteller wie im Krimi herauszufinden, was es mit dem Tod des alten Dänenkönigs auf sich hat. Andererseits zeigen sie Familientragödien, soziale Verwicklungen und individuelle Vorstellungen vom Glück. Vor allem das Scheitern spielt eine große Rolle.
Unterstützt wird das Schauspiel von Musik. Vor allem dann, wenn Szenen und somit auch die Bühnenbilder wechseln, setzen gewaltige Blechbläser ein. Statt aufwendiger Kulissen reicht „Hamlet“ ein Ensemble lichter Elemente, die sich als Grundstruktur verschiedener Schauplätze zusammenschieben lassen.
Hingucker in der Mitte ist eine Skulptur, die der Tony Cragg-Schüler Michael Dekker gestaltet hat: ein weißer Knochenmann — unwirklich und traumhaft.
Im Kontrast zu den hellen Bühnenteilen steht das Dunkel der Kostüme — nur Hamlets Mutter Gertrude (Beate Heinze) und Ophelia tragen nicht Schwarz. Und diese minimalistischen Ablenkungen rücken das, was Shakespeares „Hamlet“ so grandios macht, ins Zentrum: das Wort.
“ Eine weitere Aufführung von „Hamlet“ ist am Samstag zu sehen. Beginn der Vorstellung in der Neandertalhalle ist um 19 Uhr.