Kultur in Mettmann Demenz und Krieg in aktuellen Werken

Mettmann · Wie Künstlerin Susann Bürger den Überfall Russlands auf die Ukraine verarbeitete und auf das Thema „Demenz“ blickt.

Künstlerin Susann Bürger arbeitet in ihrem Mettmanner Atelier.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Das war eine ziemliche Mammutaufgabe, die die Künstlerin Susann Bürger in diesem Jahr geleistet hat. Die Alzheimer Gesellschaft, der sie sich durch eigene Erfahrungen verbunden fühlt, hatte dieses Jahr auf Initiative von Gabriele von Mauschwitz den Titel „Blickwinkel 2022 – Kunst, Kultur, Demenz“ gewählt und zu sieben sehr unterschiedlichen Veranstaltungen eingeladen. Das Thema Demenz wird in diesem Jahr erstmalig von unterschiedlichen Künstlern und Kulturinstitutionen aus Mettmann aufgegriffen und interpretiert.

An drei dieser Termine hat die Künstlerin Susann Bürger aktiv teilgenommen, einer fand sogar in ihrem Atelier an der Hasseler Straße statt. Dort kamen die vier Mettmanner Künstlerinnen Susann Bürger, Birthe Häusgen, Martina Menzel und Patricia Ricci zusammen. Sie zeigten ihre zum Teil sehr persönlichen Arbeiten. Unter dem Titel „Auflösung“ präsentierten sie ganz unterschiedliche Ansätze. So waren zeichnerische Arbeiten, (Schmuck-)Objekte, Licht-Klang-Installationen sowie Text-Fragmente in ihrer Gemeinschaftsausstellung zu sehen. Die vier Künstlerinnen wollten im Atelier von Susann Bürger und mit ihren Arbeiten den Blick auf die Demenz erweitern und über künstlerische Mittel und Stilformen auch die Menschen erreichen, die bislang noch keinen Kontakt mit dem Thema hatten. Susann Bürger wird sich auch weiterhin für „Kunst, Kultur, Demenz“ engagieren. Auch die jährliche Ausstellung des Kunsthauses unter Federführung von Lothar Weuthen (ME open Art) hatte das Thema Demenz aufgegriffen und die diesjährige Schau unter das Motto „Sich verlieren“ gestellt.

Mitten in den Vorbereitungen wühlte der Beginn des Krieges in der Ukraine Susann Bürger auf. Die gebürtige Dresdnerin, die in ihrer sächsischen Heimatstadt bis zu ihrer Flucht in den Westen im Jahr 1989 lebte und dort die einschneidenden Auswirkungen von Fremdbestimmung und Diktatur, Angst und Ohnmacht von Kindesbeinen an miterleben musste, haben die aktuellen Ereignisse zum Pinsel greifen lassen. Es entstand ein Werk – ein vor Schrecken verzerrtes Gesicht, die angedeutete Gestalt möchte sich möglichst schnell fortbewegen, gerade so, als sei sie auf der Flucht. In Rot, nicht lieblich wie von Rosen – nein: in blutrot. Dieses Rot knallt dem Betrachter förmlich entgegen. Susann Bürger berichtet, wie ihr beim Malen vielfach diese Worte durch den Kopf, durch Mark und Bein gingen: „Die Russen kommen!“

Mit ihrem eindrucksvollen Bild erreichte die Künstlerin ganz offenbar zahlreiche Betrachter im Rahmen der Gemeinschaftsausstellung. Bürger gehört bei der „ME open ART 2022“ zu den Preisträgerinnen und Preisträgern. Für das beschriebene Werk hat sie den zweiten Publikumspreis erhalten.

Malen ist ihre Sprache und die Künstlerin findet eigentlich nie, dass etwas vollendet ist. Alles ist im Fluss, sagt sie. Es verändert sich ständig. In ihrem Haus finden Besucher deshalb zahlreiche Objekte, die nur auf Zeit dort stehen und schon bald ihren Platz wechseln werden. Für die Hausherrin ist nichts von Dauer. Eine Art Ruhelosigkeit scheint in der Künstlerin zu stecken, die längst auf dem Weg zu den nächsten Ideen und Kunstwerken ist.

Für Interessierte hatte sie einen Workshop veranstaltet. Das Oberthema dabei lautete: Feierabend – Abendfeier. Die Ausstellung der bei dieser Gelegenheit erarbeiteten Werke ist am 30. September und am 1. Oktober zu sehen. Gemeinsam mit der Künstlerin Martina Menzel zeigt sie eine Raum-Klang-Installation, zusammengestellt aus Objekten, die in diesem Workshop von Angehörigen von Menschen mit Demenz und Betroffenen selbst entstanden sind. Die Ausstellung findet in der von Heinz Mack entworfenen Kapelle des Haus St. Elisabeth in Mettmann statt. So viel steht schon jetzt fest: Es lohnt sich, hinzugehen.