Pandemie in Mettmann Plattform als Hilfe für die Kultur
Kreis Mettmann. · Freie Kulturschaffende haben es während der Corona-Pandemie schwer. Sie können weder ausstellen, noch auftreten, noch Veranstaltungen organisieren. Der Kreis will mit einer Internet-Plattform für Spenden gegensteuern.
Seit 1999 verdient Alexander Graf sein Geld als DJ und reist dafür durch ganz Europa. Die Corona-Pandemie hat dem ein Ende gesetzt, seit März 2020 ist der Langenfelder arbeitslos. Die staatliche Soforthilfe hilft ihm nur bedingt, er muss davon Steuern begleichen und den Rest bis auf die Grundsicherung zurückzahlen. Findet er jemanden, der ihn unterstützt?
Alexander Graf hofft darauf – und hat sich dafür auf der neuen Crowdfunding-Plattform der Mettmanner Kreisverwaltung registriert. Wer ihm helfen möchte, kann dies durch eine Geldspende, ein Engagement in der Zukunft oder auf andere Weise tun und erst einmal nur Kontakt mit dem DJ aufnehmen. Der befindet sich auf der Plattform in guter Gesellschaft, denn dort sind – unter anderen – auch schon der ehemalige, jetzt in Erkrath wohnende Regionenschreiber Tilman Strasser, die Ratinger Bildhauerin Antjepia Gottschalk und der Verein „Wülfrather Ideen Räume“ vertreten.
Landrat ermuntert Kulturszene im Kreis zur Teilnahme
Landrat Thomas Hendele hat die Kulturszene im Kreis Mettmann ausdrücklich zur Teilnahme ermuntert: „Scheuen Sie sich nicht, angesichts der für Sie sehr schwierigen Zeit die Chance des Crowdfundings auf www.neanderland-tatorte.de zu nutzen.“ Nicht alle, die sich bis jetzt auf der Plattform angemeldet haben, sind wie Alexander Graf in wirklich existenzielle Not geraten. Aber alle müssen derzeit Einbußen verkraften, stehen vor oder arbeiten hinter geschlossenen Türen, können weder auftreten noch ausstellen oder Veranstaltungen organisieren.
Der Ratinger Keramikerin Petra Hilpert fehlt es beispielsweise an Präsentationsmöglichkeiten, weil auch die Galerien, mit denen sie zusammenarbeitet, wegen Corona geschlossen sind. Sie nutzt das Crowdfunding-Angebot des Kreises, um auf ihren Internetshop aufmerksam zu machen. „Das ist völlig in Ordnung. Wir prüfen auch nicht, ob eine existenzbedrohende Bedürftigkeit besteht, jeder Kulturschaffende gestaltet seinen Plattform-Auftritt eigenständig und jeder Besucher muss selbst entscheiden, ob und wen er mit einer Spende oder einer Buchung für später unterstützen möchte“, sagt Barbara Bußkamp, die Kulturreferentin des Kreises.
Der Kreis selbst habe noch keinen Hilfsfonds für Kulturschaffende aufgelegt und plane dies auch nicht. Landrat Thomas Hendele sei allerdings mehrfach gebeten worden, Kulturschaffende zu unterstützen. Schließlich wurde die Idee zur Plattform geboren, um die Folgen der Krise abzufedern, sagt Barbara Bußkamp.
Das Prozedere ist einfach: Nach einmaliger Registrierung können im Kreis Mettmann ansässige Kulturschaffende – Künstler aller Sparten, selbständige Kulturveranstalter und Dienstleister – ihre Daten online eingeben und ihre persönliche Situation schildern. Über PayPal kann das eigene Konto eingebunden werden, ohne dass Dritte die Bankverbindung einsehen können. Mit Hilfe der Plattform lässt sich auf diese Weise Geld für künstlerische Projekte sammeln, können Kunstverkäufe, spätere Auftritte, kann Veranstaltungstechnik angeboten werden. Was 2021 an Kulturveranstaltungen des Kreises stattfinden kann, ist derzeit ebenfalls noch ungewiss, sagt die Kulturreferentin. Noch nicht geklärt ist beispielsweise, ob „Jugend musiziert“ gesichert ist. Entspannt sich die Corona-Lage, soll es am 24. September aber wieder eine Museumsnacht geben und am 21. August die nächste Ausgabe des Theaterfestivals „Neanderland Biennale“.
Wie Bußkamp berichtet, muss der Kreis nach wie vor ganz buchstäblich damit rechnen, dass Kulturveranstaltungen wegen Corona-Auflagen teurer werden, man spare durch die Krise nicht viel, eher im Gegenteil. Als Beispiel nennt Bußkamp die Eröffnung der jurierten Kunstausstellung des Kreises im Sommer 2020 in Hilden, die normalerweise in einer Halle stattfindet, diesmal aber ins Freie ausweichen musste. „Der Aufwand war dadurch ungleich größer, obwohl weniger Leite eingeladen werden konnten. Wir mussten beispielsweise vorsorglich Pavillons als Regenschutz anmieten und es wurde Tontechnik für draußen gebraucht. Das Catering war aufwändiger, alles musste hygienisch verpackt und von viel mehr Personal als üblich verteilt werden“, so Bußkamp. Kosten für die Kultur zu kalkulieren, sei „sehr schwierig“.