Mettmann Kommt eine Leitlinie für den Kreis?

Mettmann. · Analyse Politiker fordern eine Erweiterung des bisherigen Regionalplans.

Dachdecker arbeiten an einem Wohnhaus. Der Regionalplan beeinflusst das Flächenmanagement der Städte.

Foto: ja/dpa

Die Fraktion der Piraten im Kreistag Mettmann schlägt Alarm: Ausgehend von aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes sei die Bevölkerungsentwicklung in der Region Anlass, eine Leitlinie zu entwickeln, „wie der Kreis Mettmann 2040 aussehen soll. Möchten wir in großen, gut ausgebauten Vorstädten von Düsseldorf oder Wuppertal leben oder lieber in vielen kleineren und familiären Gemeinden? Das müssen die Bürger entscheiden“, betont Kreistagsabgeordneter Thomas Küppers und fordert Bezirksregierung und Kreistag auf, „Visionen nach Wünschen der Bevölkerung zu entwickeln und die Prioritäten entsprechend anzupassen“. Gelegenheit gebe dazu bereits der Regionalplan: Bürger haben noch bis zum 30. September die Möglichkeit, dazu eine Stellungnahme abzugeben.

Erkrath und Hilden werden laut Statistik zukünftig wachsen

Tatsächlich konstatiert das Statistische Landesamt den Städten im Kreis eine ganz unterschiedliche Entwicklung. Bis zum Jahr 2040 ist dem Kreis Mettmann lediglich ein moderater Bevölkerungsrückgang um 0,3 Prozent vorhergesagt. Allerdings sollen im gleichen Zeitraum die Städte Erkrath um sieben und Hilden um 3,1 Prozent wachsen, während weiter von Düsseldorf entfernt gelegenen Städten wie Monheim (minus 3,5 Prozent) und Velbert (minus 3,8 Prozent) ein Bevölkerungsrückgang bescheinigt wird. Die Einwohnerzahl der Stadt Wülfrath soll sogar um 10,8 Prozent sinken. Das sind keine guten Nachrichten für Wülfrath. Ganz allgemein sind Kommunen auf Wachstum bedacht, spült ihnen eine steigende Zahl an Einwohnern doch auch einen umso höheren Gemeindeanteil an der Einkommensteuer in die Kassen – neben der Gewerbesteuer eine der wichtigsten Finanzierungsquellen der Städte.

Klassischerweise liegen die Gewerbesteuereinnahmen höher als die des Gemeindeanteils, in Mettmann aber ist dies nach Auskunft von Bürgermeister Thomas Dinkelmann beispielsweise umgekehrt – dort ist die Einkommensteuer die wichtigste Finanzierungssäule der Stadt. Die Städte wollen also wachsen, werben vor allem um junge Familien, wobei sie dann erwiesenermaßen auch die Infrastruktur für eine wachsende Bevölkerung bereit stellen müssen – Wohnraum, Straßen, Kitas, Schulen. Dieses Wachstum zieht also nicht nur Einnahmen, sondern auch Kosten nach sich – und einen zunehmenden Flächenverzehr, der angesichts der aktuell laufenden Diskussion um den Klimawandel zunehmend kritisch gesehen wird.

In diese Richtung bewegt sich auch der Hinweis des Politikers auf den Regionalplan: Der Regionalplan stellt die Weichen für eine künftig mögliche Bebauung. Erst kürzlich wurde in den Stadträten das Bestreben der Bezirksregierung mit Bauchschmerzen zur Kenntnis genommen, alle nur möglichen und unmöglichen Flächen als Reserven für eine Wohnbebauung auszuweisen.

„Schlafstädte“ verlieren zunehmend an Profil

Wobei die umgebenden Kommunen mit ihrer Rolle, die „Schlafstädte“ für Düsseldorf zu sein, zunehmend unglücklich sind. Denn sie stellen für „ihre“ Pendler in die Landeshauptstadt zwar die teure Infrastruktur bereit, profitieren aber nicht von der Wirtschaftskraft der Arbeitnehmer und Unternehmen in Form von Gewerbesteuer. Auch Kaufkraft fließt ab. Sie zahlen also drauf. Und verlieren an Profil.

Kreis und Städte indes scheinen die aktuellen Zahlen gelassener zu sehen und verweisen auf statistische Unschärfen: Schon immer deckte sich ihre eigene Fortschreibung der Einwohnerzahlen häufig nicht mit den Statistiken des Landesamtes. So auch in Erkrath: „Mit Blick auf den Stichtag 1. Januar können wir anhand unserer Einwohnerzahlen aus den letzten Jahren keine Steigerung erkennen, sondern verzeichnen aktuell sogar einen leichten Rückgang“, sagt die Sprecherin der Stadt, Maria Steinmetz. Demnach zählte die Stadt Erkrath 2017 den Angaben des städtischen Melderegisters zufolge noch 46 176 Einwohner, aktuell sind es 46 093 – kein Anlass zur Sorge also.

Und auch der Kreis sieht für hektisches Handeln keinen Anlass: 2014 habe das statistische Landesamt dem Kreis noch prognostiziert, dass bis 2040 die Bevölkerung auf 465 400 Einwohner zurückgehen würde.

„Jetzt, nur vier Jahre später, sieht es den Kreis im Jahr 2040 bei 483 810 Einwohnern, was bedeutet, dass unsere Zahl stabil bliebe“, antwortet die Sprecherin des Kreises, Daniela Hitzemann, auf Nachfrage. Daran zeige sich aber auch, wie viel sich innerhalb weniger Jahre ändern könne „und dass insofern Langfrist-Prognosen mit Vorsicht zu genießen sind“.

Daniela Hitzemann betont, dass die Einwohnerzahl für den Kreis nicht allein das Maß aller Dinge sei: „Vielmehr müssen wir vor allem die Veränderungen bei der Bevölkerungsstruktur im Blick behalten.“ Und die immer älter werdende Bevölkerung ist ein weiteres Thema, das Städte und Gemeinden viel Geld kostet.