Ratingen bekommt FrauenOrt Unternehmerin mit Mut, Herz und Verstand

Ratingen · Geehrt wird Sophie Brügelmann, die viele Jahre lang erfolgreich die Geschäfte in Cromford leitete. Der FrauenRat NRW kennzeichnet mit dem Projekt Orte, an denen historische Frauenpersönlichkeiten gewirkt haben.

Ein Bild von Sophie Brügelmann hängt im Herrenhaus Cromford.

Foto: Achim Blazy (abz)

Jetzt bekommt auch Ratingen einen FrauenOrt, und zwar im LVR-Industriemuseum Cromford: Geehrt wird Sophie Brügelmann, die viele Jahre lang erfolgreich die Geschäfte in Cromford leitete. Der FrauenRat NRW kennzeichnet mit dem Projekt Orte, an denen historische Frauenpersönlichkeiten gewirkt haben, um deren Beitrag zur Geschichtsschreibung Nordrhein-Westfalens sichtbarer zu machen. Ratingen ist nun einer von aktuell 40 Orten in NRW.

„Sophie Brügelmann war eine weitsichtige Unternehmerin mit Mut, Herz und Verstand, die ihrer Zeit gleichstellungspolitisch stets Jahrzehnte voraus war“, sagt Nadine Mauch, die städtische Gleichstellungsbeauftragte. Von ihr ging die Initiative zur Bewerbung Ratingens aus, und mit Claudia Gottfried und Anissa Finzi vom LVR-Industriemuseum Cromford fand sie sofort begeisterte Mitstreiterinnen. Alle zusammen freuen sich sehr über die Auszeichnung und planen im Sommer eine kleine Feier. Angedacht ist der 10. Juli, da Sophie Brügelmann an diesem Tag (1775) geboren wurde.

Dass der FrauenRat NRW die Bewerbung aus Ratingen positiv aufgenommen hat, kommt natürlich nicht von ungefähr. Sophie Brügelmann gilt in Cromford im LVR-Industriemuseum schon lange als eine der schillerndsten Figuren der Unternehmerfamilie. Sie stammte aus einer hoch angesehenen, wohlhabenden Barmer Fabrikanten- und Kaufmannsfamilie, heiratete dann Johann Gottfried jun., Sohn des Firmengründers Johann Gottfried Brügelmann in Cromford.

Nach dem frühen Tod ihres Mannes 1808 übernahm sie als junge Witwe mit drei Kindern das Unternehmen. Und Sophie war eine äußerst versierte Geschäftsfrau. Über 25 Jahre leitete sie die Firma in einer politisch und wirtschaftlich äußerst wechselhaften Zeit. Sie brachte Cromford erfolgreich durch die Krise, sicherte den Firmenbestand, machte Geschäfte mit dem Grundbesitz der Familie. Sie kaufte und verkaufte Land, spekulierte mit Getreide, trieb Hypotheken ein und wickelte Geldgeschäfte ab.

Im Kantor des Vaters Unternehmensführung eingeübt

Dass sie das alles konnte, hing mit ihrer guten Ausbildung im Kontor ihres Vaters zusammen. Wie viele Töchter von frühindustriellen Unternehmern, war auch Sophie Brügelmann gut auf so eine Unternehmensführung vorbereitet worden. Sie war eine selbstbewusste und kluge Frau, die wusste, was ihr zustand und die sich für ihre Belange und die ihrer Familie und Firma einzusetzen wusste. Ein frühes Vorbild der Emanzipation.

Die Schwiegertochter des Firmengründers Johann Gottfried Brügelmann führte allerdings nicht nur seit dem Tod ihres Mannes gemeinsam mit ihrem Schwager die Geschäfte in der Textilfabrik. Sie verantwortete gleichzeitig den Haushalt im Herrenhaus Cromford, einen eigenen komplexen Bereich: Vieles musste koordiniert und abgestimmt werden, Arbeiten an das Dienstpersonal verteilt und auch kontrolliert werden. Dies betraf nicht nur die Pflege und Instandhaltung des Hauses und der Außenanlagen, auch Waren und Güter für den täglichen Bedarf mussten beschafft werden. Bei Führungen durch die Ausstellung im Herrenhaus werden immer mal wieder Ausschnitte aus Sophie Brügelmanns Buch zu ihrer Haushaltsführung vorgelesen. Sophie Brügelmann bestellte beispielsweise 1821 bei einem Kölner Delikatessenhandel allerlei Leckereien wie Mandeln, Sardellen, Zitronenspäne und Gewürzbiskuits und ließ diese nach Cromford bringen. Mit welch logistischem Aufwand dies verbunden war, ist heute kaum vorstellbar.