Angebot Der Markt hat eine lange Geschichte

Ratingen. · Urkundlich belegt ist das Ratinger Markttreiben bis ins Jahr 1371. Auch heute ist er ein beliebter Treffpunkt.

Marktmeister Jürgen Clasen (rechts) und Oliver Holzberg (Abteilungsleiter Wochenmarkt, l.) begrüßen bei ihrem Rundgang Händler Herbert Busch.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Der zentrale Ratinger Wochenmarkt ist seit jeher dort zu Hause, wo die Hausnummern in der ersten Reihe der Häuser im Kreis vergeben sind; die vom Markt abgehenden Straßen beginnen an ihren Einmündungen mit der Hausnummer 1. Es ist der Platz, wo Handel getrieben und Gerüchte ihren Beginn oder ihre Verbreitung erfahren, wo man Spaß beim Plaudern hat – während der Marktzeiten und auch später, wo das Winterbrauchtum zum Beispiel seine Möhnen jeck werden und das Sommerbrauchtum Paraden abnehmen lässt, wo man zweimal im Jahr vor lauter Trödelkram kein Pflaster sehen kann. Und wo zwischen dem jahreszeitlichen Geschehen immer genug Platz für weitere Veranstaltungen ist.

In Ratingen wird eigentlich immer irgendwas raumgreifend gefeiert. Und das war immer schon so: Neben dem Wochenmarkt fanden drei- oder viermal jährlich Jahrmärkte statt. Dann versammelten sich Seiltänzer, Musiker und Gaukler in der Stadt und sorgten für Spaß und Unterhaltung. Der letzte Jahrmarkt in Ratingen war am 15. Oktober 1888.

Der historische Stadtkern Ratingens hat auch heute noch die gleiche Ausdehnung und Straßenführung wie im Mittelalter, als er von Mauern und Türmen umzogen war. Am Marktplatz treffen noch heute die vier wichtigsten Straßen zusammen: Oberstraße, Bechemer Straße, Lintorfer Straße und Düsseldorfer Straße. Die zentrale Lage des Marktplatzes deutet darauf hin, dass in Ratingen schon früh, noch vor der Stadterhebung, Märkte abgehalten worden sein müssen. Wann die Stadt das Marktrecht erhielt, ist nicht bekannt, doch wird in einer Urkunde von 1371, mit der der Stadt Düsseldorf das Marktrecht verliehen wurde, Ratingens Recht als Vorbild genannt.

Der Marktmeister gab mit
einer Fahne das Startzeichen

Über die einwandfreie Beschaffenheit der angebotenen Waren wachten schon im Mittelalter strenge Gesetze. Finniges Fleisch (Fleisch mit Bandwürmern) oder nicht mehr einwandfreier Fisch durften nur noch auf dem „Faulmarkt“ an der Nordseite des Platzes feilgeboten werden. Der Marktmeister gab durch das Aufhängen der Marktfahne das Zeichen für die Eröffnung und überwachte die Waren und die Einhaltung des Marktfriedens.

Der Wochenmarkt fand schon vor Jahrhunderten auf dem Marktplatz, im Erdgeschoss des noch existierenden Bürgerhauses sowie auf einem Teil der Oberstraße statt. Auf dem Marktplatz selbst befanden sich Stände mit Feld- und Gartenfrüchten. In der offenen Markthalle des Bürgerhauses waren die Läden der Tuchhändler, Gewandschneider und zuweilen auch der Scherenschmiede untergebracht.

Mittelalterliche Fischhändler nutzten das Brunnenwasser

An der Oberstraße, bis etwa in Höhe des Seiteneingangs zur Kirche, standen die Fleischbänke, daneben hatten die Fischbänke ihren Platz; und zwar in unmittelbarer Nähe des schon 1362 erwähnten Marktbrunnens, aus dem die Behälter mit den lebenden Fischen versorgt wurden.

Dort, wo jetzt das Brunnenwasser unter Geranien sprudelt, hat es fast immer einen Brunnen gegeben. Der aktuelle wurde 1976 installiert – nach gestalterischen Wünschen des damaligen Baudezernenten.

Auch beim zentralen Ratinger Wochenmarkt handelt es sich um einen so genannten „Grünen Markt“. Das heißt, es finden sich hier nur Waren und Produkte aus dem Lebensmittelbereich sowie Pflanzen und Blumen.

Das Angebot stammt zum größten Teil von regionalen Selbsterzeugern. Einheimische Gemüse, Obst und Pflanzen werden im Umland gezogen und auf dem örtlichen Wochenmarkt verkauft. Alle Marktbeschicker sind dauerhafte Händler und bieten ihre Waren zum Teil in der dritten Generation auf dem Ratinger Wochenmarkt an.

Eine Ausnahme bildet der Stand mit Kurzwaren auf der Sonderfläche an der Oberstraße, weil in dem Bereich das Ratinger Angebot äußerst schwach ist. Und gelegentlich gibt es auch einen Scherenschleifer.

Etwa 30 Händler gehören zum festen Kapital der „Beschicker“ denn die grüne Ausrichtung garantiert ein interessantes Flair, was weit und breit (bis Münster) seinesgleichen sucht. Das Ordnungsamt führt sogar eine Warteliste. Die „Gehwege“ auf dem Markt wurden inzwischen so erweitert, dass Kunden mit Hund, Enkelkind und Regenschirm auch im Gegenverkehr nicht scheitern. Falls es glatt ist, wird reichlich gestreut. Das wiederum geschieht zum Nutzen der Kunden, aber zu Lasten der Linden am Marktrand: Da der Platz leicht abschüssig ist, fließt das Salzwasser bis in die Baumscheiben, die durch darauf abgestellte Marktstände ohnehin schon sehr verdichtet sind. Also muss immer mal wieder nachgepflanzt werden. Daran – wie auch am üppigen Blumenschmuck – wird gottlob nicht gespart.

Wenn in absehbarer Zeit wieder Frühlingssonne die Szenerie bescheint, kann man mal sehen, was unter „fliegender Wechsel“ zu verstehen ist. Nicht sehr lange nach 14 Uhr stehen nämlich dort, wo vorher Kappes und feinster Schinken verkauft worden sind, Tische und Stühle fürs süße Nichtstun. Und alles kann man von zu Hause über die Webcam zumindest grob überwachen.