Gesundheit Am Dienstag ist der bundesweite Aktionstag gegen den Schmerz

Ratingen · Interview Dr. Klaus-Peter Renckhoff vom Ratinger Schmerzzentrum und Dr. Cornelia von Laue-Jandt sprechen über Schmerzen.

 Dr. Cornelia von Laue-Jandt und Chefarzt Klaus-Peter Renckhoff.

Dr. Cornelia von Laue-Jandt und Chefarzt Klaus-Peter Renckhoff.

Foto: Blazy, Achim (abz)

. Am Dienstag, 4. Juni, veranstaltet die Deutsche Schmerzgesellschaft den bundesweiten Aktionstag gegen den Schmerz. Klaus-Peter Renckhoff, Chefarzt des Ratinger Schmerzzentrums, und die Leiterin des Departments für spezielle Schmerztherapie Dr. med. Cornelia von Laue-Jandt beantworten wichtige Fragen rund um Chronifizierung von Schmerzen und deren Therapie.

Warum haben wir
Schmerzen?

Klaus-Peter Renckhoff: Schmerzen sind ein lebenswichtiges Warnsignal unseres Körpers, das uns vor potentiellen Gefahren schützen soll. Wie beispielsweise bei einem Kind, das auf eine heiße Herdplatte fasst. Entscheidend ist darum die Frage, wie und warum aus dem akuten Schmerz eine krankhafte Chronifizierung wird und wann der Patient zu einem speziell weitergebildeten Schmerzmediziner gehen sollte. Wenn der Schmerz den Alltag komplett bestimmt und über sechs Monate andauert, spricht man von einer Schmerzchronifizierung.

Hat jeder Mensch ein anderes Schmerzempfinden?

Cornelia von Laue-Jandt: Ja, unbedingt. Das Schmerzempfinden ist sehr individuell und hat viel mit Emotionen zu tun. Darum kann ein Arzt die sichtbaren Veränderungen bei Röntgenaufnahmen auch nicht immer eindeutig in Einklang mit der Stärke der empfundenen Schmerzen bringen. Das Schmerzempfinden ist bei jedem Patienten anders. Grundsätzlich gilt: Stress und Muskelanspannung verstärken die Qual. Auch durch ein Zuviel an Schonung oder eine Vermeidungshaltung wird die Beeinträchtigung stärker.

Was passiert bei einer Schmerztherapie?

Renckhoff: Bei einer Chronifizierung kann der Schmerz zum eigenständigen Krankheitsbild werden. Körper und Kopf lernen den Schmerz, so wie ein Pianist ein Musikstück auswendig lernt. Diese pathophysiologischen Prozesse werden von den Betroffenen nicht bemerkt und können primär auch nicht beeinflusst werden. Dadurch verfestigt sich der Schmerz und es entsteht ein Schmerzgedächtnis. Diesen Kreislauf wollen wir mit Hilfe der multimodalen Schmerztherapie durchbrechen. Dabei arbeiten bei uns unterschiedliche Fachbereiche mit ihren verschiedenen Therapieansätzen gleichzeitig an der Genesung. Wir stellen – falls nötig – die Medikamente neu ein. Unsere interventionelle Therapie erfolgt unter Bildsteuerung mit der Computertomographie. Dabei wird das Schmerzmittel mittels einer Nadel präzise platziert. Außerdem gehört zur Behandlung die dauerhafte Physiotherapie, die Entspannungstherapie und die psychologische Schmerztherapie. Denn um den Schmerz effektiv therapieren zu können, müssen wir uns um den ganzen Menschen und damit auch um seine Seele kümmern.

Machen Schmerzmittel abhängig?

Laue-Jandt: In der richtigen Indikation und mit verzögerter Wirkung machen Morphine nicht süchtig. Wer stabil eingestellt ist, und nicht unter Nebenwirkungen wie Müdigkeit oder Benommenheit leidet, kann beispielsweise auch Autofahren. Aber der Körper gewöhnt sich an die Morphine, darum dürfen sie auch nicht abrupt abgesetzt werden.

Wie sind die Aussichten auf ein Leben ohne Schmerz?

Renckhoff: Der Schmerz hat sich meist über Monate aufgebaut, daher braucht auch eine Schmerztherapie Zeit und der Patient die entsprechende Geduld. Unser Ziel ist es, die Patienten zu aktivieren und ihnen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Und natürlich auch die Schmerzen zu lindern. Wir geben den Patienten Hilfsmittel und Strategien zur Schmerzbewältigung an die Hand. Wir können aber nur Türöffner sein: Die Hauptarbeit muss der Patient selbst leisten.

Wie können Schmerzen in Schach gehalten werden?

Laue-Jandt: Wer Körper und Seele in Einklang halten kann, wird mit eventuellen Schmerzen meist gut klarkommen. Kommen Krankheiten, Sorgen oder Stress dazu, geraten wir aus dem Gleichgewicht. Sorgen und Stress sind wichtige Einflussfaktoren, die Schmerzen verstärken können. Achten Sie auf sich. Machen Sie sich eine Liste mit Dingen, die Ihnen gut tun, angefangen bei sportlichen Aktivitäten, wärmenden Maßnahmen oder Dingen, die Ihrer Seele Freude bereiten. Und fassen Sie den Mut, sich Hilfe zu holen.

Was wird in der Fachklinik geboten?

Renckhoff: Im Mittelpunkt des Schmerzzentrums der Fachklinik 360° in Ratingen steht die Abklärung und Behandlung akuter und chronischer Schmerzen. Behandelt werden unter anderem Schmerzen an der Wirbelsäule, Schmerzen des Bewegungsapparates, Nervenschmerz, Kopf- und Gesichtsschmerzen sowie ähnliches. Red