Ratingen Wenn Industrie zu Kunst wird
Ratingen. · Die Arbeit ist Teil der Industrielandschaften von Bernd und Hilla Becher, zu sehen im Museum Ratingen.
Wenn man der Kunst nach- oder entgegen reist, kann es sein, dass man nur eine einzige Arbeit pro Museum im Sinn hat. Und so steht man vor Leonardo da Vincis Gioconda (bekannt als Mona Lisa) und staunt, wie klein das Bild ist. Auch die Büste der Nofretete ist nicht groß. Dafür aber Picassos „Guernica“, das einen fast umwirft. Diese Arbeiten sind für Kunstreisen die richtigen Ziele, in Ratingen wiederum kommt man bei Spaziergängen auf seine Kosten. Und man kann wunderbare Entdeckungen machen.
Bei einem Blick auf die Kunstsammlung des Museums Ratingen fallen drei Schwerpunkte auf: Die Kunst des Informel, der Art Brut und Werke von Künstler und Künstlerinnen aus dem Umkreis der Düsseldorfer Kunstakademie. Eine Arbeit von Erika Maria Riemer-Sartory, deren Werke sehr früh angekauft wurden, soll herausgegriffen werden – und eine Arbeit von Bernd und Hilla Becher, die im Jahr 2018 ins Museum kam.
Das Becher Werk zeigt die
ehemalige Maschinenfabrik
Letztere hängt in der Stadtgeschichtlichen Abteilung und wird vom Museum wie folgt beschrieben: „Bernd und Hilla Becher, Ratinger Maschinenfabrik, 1974, Fotografie.“ Diese Arbeit entstand im Jahr 1974. Sie ist Teil der fotografisch dokumentierten Industrielandschaften von Bernd und Hilla Becher. Die Abbildung zeigt das Gebäude der ehemaligen Ratinger Maschinenfabrik und Eisengießerei an der Ecke Homberger Straße/ Balcke-Dürr-Allee. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde vermutlich um die 1893/94 gebaut. In der Fabrikhalle wurden Anlagen für Destillationsbetriebe, Einrichtungen für Hütten- und Walzwerke sowie Spinnmaschinen produziert. 1978 wurde der Betrieb eingestellt. Heute finden wir dort Edeka Kels und andere Lebensmittel als Kunst. Bernd und Hilla Becher legten mit ihrer Dokumentation von Industriebauten die Grundlage einer eigenen Schule der zeitgenössischen Fotografie.
Mit den Schwarzweiß-Fotografien von Fachwerkhäusern, Industriebauten, Wassertürmen, Getreidesilos, Fabrikhallen oder Gasometern erwarben sie internationales Renommee. Das Paar lebte in Düsseldorf, wo Bernd Becher an der Kunstakademie studierte und später als Professor lehrte.
Auch Leuchtkraft und
Intensität spielen eine Rolle
Ihr Einfluss formte eine ganze Künstlergeneration, die mit dem Begriff der Becher-Schule bezeichnet wird. Zu ihnen gehören Andreas Gursky, Thomas Struth, Candida Höfer und Thomas Ruff.
Zur fünfteiligen Arbeit „o.T.“ von Erika Maria Riemer-Sartory, (2007) Mischtechnik auf Holz, meint das Museum: „Parallel hängende, schmale Holzbalken zierten die weiße Hängefläche im Museum Ratingen. Das Werk war Teil der Ausstellung „Licht – Farbe – Stofflichkeit“ im Jahr 2016 und befindet sich im Sammlungsbestand des Museums. Im Rahmen der Sonderausstellung entstand ein Katalog, der im Museumsshop erhältlich ist.“ Riemer-Sartorys Oeuvre zeichnet sich durch Leuchtkraft und Intensität der Farbe aus. Es entwickelt sich aus dem Farbpigment heraus. Dadurch entsteht eine haptische Oberflächenbeschaffenheit der Werke. Es bilden sich homogene feinkörnige oder sogar samtige Oberflächen, teilweise mit Bearbeitungsspuren wie Rillenmuster oder eingefügten Rissen. Die Farbe wird zum Ausdrucksträger. Zur raumgreifenden Energie, die sich in ihrer Stofflichkeit vom Träger zu lösen scheint.
Riemer-Sartory wurde in Bonn geboren und studierte 1979 bis 1981 an der Fachhochschule für Design Düsseldorf und von 1982 bis 1989 an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Siegfried Cremer.