Erster Doppelhaushalt in Ratingen: Stadt schafft Spagat zwischen Sparen und Investieren
Bürgermeister und Kämmerer stellen den Finanzfahrplan für die kommenden Jahre vor.
Ratingen. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Das Erstellen eines städtischen Doppelhaushaltes erst recht nicht. Niemand weiß dies besser als Kämmerer Martin Gentzsch, der gestern zusammen mit Bürgermeister Klaus Konrad Pesch im Rat eine Premiere für Ratingen vorstellte: Erstmalig werden die Etats für zwei Jahre (also 2016 und 2017) festgezurrt.
Befürworter versprechen sich davon mehr Planungssicherheit. Hätte Gentzsch einen Wunsch frei, dann würde er bestimmt gerne die Einnahmen aus der Gewerbesteuer komplett in den Haushalt stecken. Das geht natürlich nicht. Deshalb ist das, was der Kämmerer an bestimmten Zahlungen zu verbuchen hat, besonders bitter: Denn von der Gesamtsumme der Gewerbesteuer, die bei rund 88 Millionen Euro liegt, bleiben nur zehn Prozent übrig.
Eine wirtschaftlich florierende Stadt wie Ratingen wird ordentlich zur Kasse gebeten. Ein Wort hat sich bei Pesch und Gentzsch besonders eingebrannt: Umlage. Speziell: Kreisumlage, Solidaritätsumlage, Gewerbesteuerumlage und Umlage Fonds Deutscher Einheit. Insgesamt, so rechneten Pesch und Gentzsch gestern vor, müssen in 2016 und 2017 jährlich Umlagen in Höhe von rund 80 Millionen Euro gezahlt werden.
Die finanziellen Belastungen für die Kommune sind enorm, ohne einen Sparkurs würde sich die Unterdeckung, die für das aktuelle Haushaltsjahr bei 8,5 Millionen Euro liegt, drastisch erhöhen. Deshalb will die Stadt mit einem Sparkurs im Personalbereich gegensteuern. Wie Pesch betonte, sollen bis zum Jahr 2020 rund 50 Stellen (vielleicht auch mehr) durch „planbare Altersfluktuation“ abgebaut werden. In den kommenden beiden Jahren sind in den Etats Unterdeckungen von jeweils fünf Millionen Euro vorgesehen.
Erheblichen Einfluss auf die Arbeit der Stadtspitze hat auch die Unterbringung von Flüchtlingen, die zurzeit zu den Hauptaufgaben gehört. Auch in diesem Bereich muss die Stadt neue Ausgaben in Angriff nehmen: Im Haushaltsjahr 2015 geht man von einem Finanzierungsanteil von rund 2,7 Millionen Euro aus. Gentzsch betonte, dass sich dieser Anteil im Jahr 2016 um 3,3 Millionen Euro und im Jahr 2017 um weitere drei Millionen Euro erhöhen werde. „Diese Zahlenentwicklungen scheinen realistisch zu sein“, meinte der Kämmerer bei der Ratssitzung im Freizeithaus in West. Die Mietkosten für das Gebäude an der Josef-Schappe-Straße in Ost sind bereits im Haushaltplanentwurf enthalten. Ob weitere Anmietungen notwendig sind, werde sich in den nächsten Wochen zeigen. Doch die Stadt wird trotz der angespannten finanziellen Lage weiter kräftig investieren — zum Beispiel in ein Glasfasernetz, das bis zum Jahr 2020 installiert sein soll. Allerdings muss man sich dafür noch das Einverständnis des Rates holen.
Gute Nachricht für ortsansässige Firmen und Unternehmen, die sich in Ratingen noch ansiedeln wollen: Den Gewerbesteuerhebesatz will man nicht verändern. Und auch sonst sollen die wichtigsten Steuern unverändert bleiben, versprachen Pesch und Gentzsch.