Ratingen Lintorfer Amphore wandert ins Landesmuseum
Ratingen. · Ein Stück Lintorfer Geschichte hat seinen Weg ins Landesmuseum Bonn gefunden. Dort steht es nun einen Monat lang im Rampenlicht. Die Amphore wurde 2016 bei Bauarbeiten in Lintorf gefunden.
(Red/abin) Die Mitarbeiter der Firma Adams Wohnungsbau staunten nicht schlecht, als sie im Jahr 2016 bei den Arbeiten zu einem Bauprojekt in Lintorf Am Weiher auf antike Fundstücke stießen. Herbeigerufene Fachleute einer auf archäologische Ausgrabungen speziaklisierten Firma (Archbau) förderten einen mittelalterlichen Siedlungsplatz zutage.
Aus mehreren großen Gruben ließ sich ein acht Meter breites und mehr als sieben Meter langes Gebäude rekonstruieren. Aufgrund von Schlackendunden und Resten eines Ofens vermuteten die Archäologen Metallhandwerk vor Ort.
Ein ebenfalls freigelegter Brunnen barg weitere Überraschungen. Es dauerte aber fast drei Jahre, bis die Spezialisten diese ans Tageslicht befördern konnten. Der Grundwasserspiegel stand so hoch, dass an Grabungsarbeiten im Brunnen nicht zu denken war. Erst im August 2019 gab der Brunnen sein Geheimnis preis.
„Der Brunnen bestand aus zwei Teilen, einer hölzernen Röhre im unteren und einer steinernen im oberen Bereich, seine erhaltene Tiefe betrug insgesamt 3,50 Meter.“ So dokumentierten die Mitarbeiter von Archbau ihren Fund. Der Brunnen barg neben den zahlreichen Funden wie Keramikscherben, Schlackestücken und Tierknochen auch einen Pferdeschädel. Der Boden des Brunnens wies eine Lage Steinplatten auf, auf der sich zwei durch Steine getrennte Schichten aus fingerdicken Zweigen befanden. Darüber lag eine graue Sandschicht. Laut Archäologen sollte diese Schicht das Grundwasser filtern.
Die größte Überraschung war jedoch eine 59 Zentimeter große Amphore, die – mit Wasser gefüllt – auf dem Boden des Brunnens gefunden wurde. Cordula Brand von der Firma Archbau war damals hautnah dabei: „Das war schon eine Sensation, dass wir ein vollständig erhaltendes Gefäß von dieser Größe bergen konnten. Häufig sind diese Fundstücke durch den Erddruck beschädigt. Dieses wies nicht einmal Unebenheiten oder Farbunterschiede durch einen Fehlbrand auf.“ Umso größer war die Besorgnis, die Amphore würde durch Transport und Trocknung Schaden nehmen. „Wir haben den Krug feucht geborgen und auch feucht ins Landesmuseum transportiert.“
Das Behältnis diente wohl zur Aufbewahrung von Lebensmitteln
Die Amphore mit einem Bauchdurchmesser von 43 Zentimetern besteht aus einem in dieser Zeit häufig verwendeten Ton, der beim Brennen eine graue Farbe annimmt. „Anhand von Vergleichsfunden konnten ermitteln, dass es sich um einen typischen Gebrauchsgegenstand aus dem elften bis 14. Jahrhundert handelt“, so Jens Schubert vom Amt für Bodendenkmalpflege. Wofür die Amphore eingesetzt wurde, kann auch Jens Schubert nicht beantworten: „Aufgrund des großen Fassungsvermögens (50 Liter) vermutlich zur Aufbewahrung von Lebensmitteln wie Getreide. Aber auch eine Verwendung als Weinkrug ist denkbar.“
Sowohl Cordula Brand als auch Jens Schubert rätseln bis heute, wie die Amphore auf den Grund des Brunnens gelangte. „Zum Wasserschöpfen ist sie zu groß und zu schwer“, glaubt Brand. Für eine kultische Verwendung gibt es bislang keine Erklärung. Dieses Geheminis gibt das Lintorfer Fundstück vorerst nicht preis. Doch Cordula Brand bleibt optimistisch: „Die Techniken werden im Laufe der Jahre immer besser. Vielleicht können nachfolgende Generationen noch Ergebnisse erzielen.“
Der Brunnen ist inzwischen abgetragen. Die Planken wurden zur Konservierung ins Landesmuseum in Bonn gebracht und mit einer speziellen Flüssigkeit behandelt. Hier warten sie auf eine Restaurierung. „Der Siedlungsplatz wurde sorgfältig dokumnetiert und geborgen“, so Jens Schubert. Nachdem die Ausgrabungen die Bauarbeiten erheblich verzögerten, konnte das Vorhaben Am Weiher nach deren Abschluss umgesetzt werden.
Die Lintorfer Amphore setzt ihre abenteuerliche Reise fort. In den kommenden vier Wochen steht sie im Foyer des Landesmuseums in Bonn im Rampenlicht. Die Mitglieder des Lintorfer Heimatvereins freut das natürlich sehr. Ein Stück Lintorfer Geschichte geht somit auf Reisen.