Ratingen Ratinger Jonges haben schon über 1000 Mitglieder
Ratingen. · Verein kümmert sich um Heimatpflege. Chef Edgar Dullni kann sich den Zulauf nicht erklären.
Die Gemeinschaft der Jonges ist so etwas wie die Barbara Schöneberger der Ratinger Vereine: Die eine wie die anderen haben eine eigene Zeitung, singen, machen sich gern hübsch, sitzen an Tischen mit süffigen Getränken, haben zu jedem Thema was zu kamellen und scheinen hier und überall anwesend zu sein, zumeist in unterhaltender Absicht. Dann driften die Gemeinsamkeiten leicht auseinander und empfehlen den Blick auf die Nachbarschaft.
In der Landeshauptstadt Düsseldorf, also nicht weit entfernt, gibt es einen gleichnamigen Verein. Im Vergleich zu den gut 1000 Mitgliedern in Ratingen sind es einige tausend Mitglieder mehr. Dafür liegt deren Durchschnittsalter unter 60 Jahren und erfasst viele Jonges noch in der aktiven Berufstätigkeit.
In Ratingen ist der „durchschnittliche“ Jong 66 Jahre und ein halbes Jahr alt und kommt offenbar mit einem überschaubaren, wenngleich unterhaltsamen Jahresprogramm besser zurecht als mit wöchentlichen Ad-hoc-Vorträgen.
Aber: Mehr als 1000 Mitglieder, alles Männer, sind eine respektable Summe. Da muss man sich doch ernsthaft fragen: Warum werden normale Ratinger plötzlich Jonges?
Gefährtin wird bei Anlässen
vom Verein „Herzilein“ genannt
Auch der neue Chef Dr. Edgar Dullni, Baas genannt, denkt darüber nach und hat noch keine schlüssige Antwort. Ein „Weil ich das will“ kommt so schnell niemandem über die Lippen, und auch nicht „Weil mir zu Hause die Decke auf den Kopf zu fallen droht.“ Darüber hinaus gehört zu einem veritablen Jong zumeist eine Gefährtin, die in den offiziellen Programmplanungen „Herzlilein“ genannt wird.
Der neue Baas ist seit einem Jahr dabei und spricht, wie der alte Vorsitzende, kein Ratinger Platt, hat aber bei den vereinten Knaben eine Knallerkarriere in Heimatliebe gemacht.
Er lebt seit 30 Jahren in Ratingen, ist seit drei Jahren Jong, ein Jahr im Vorstand und jetzt ganz vorneweg. Dazu ist ihm eine unheimliche Bescheidenheit eigen, verschweigt er doch am liebsten seine Honorarprofessur an der Uni Essen/Duisburg und gibt er nur preis, dass er gerade beim Technologiekonzern ABB abgemustert hat. Wer mit einem solchen Understatement daher kommt, der haut natürlich nach so kurzer Zeit im höchsten Amt nicht gleich seine ganze Zukunftsplanung für den Verein heraus. Das Aufpolieren von Altertümchen soll es jedenfalls allein nicht sein.
Potentielle Mitglieder sollten sich schon mal engagiert haben
Wer Ratinger Jong wird, muss es schon länger in Ratingen ausgehalten haben. Die letzten hundert neuen Mitglieder sind dem ehemaligen Baas Georg Hoberg ins Schleppnetz geraten, der stets ein paar Aufnahmeanträge im Jackett mit sich trug: Hilfreich für eine Mitgliedschaft ist es, wenn die Aspiranten schon durch die Zugehörigkeit zu einem anderen Verein angefixt sind, einem Verein, der heimataffin ist.
Dullni zum Beispiel ist erprobter Jeck und in der Angergarde zu Hause. Und, nicht zu unterschätzen: Wer gelegentlich aus der heimischen Komfortzone verschwinden möchte, passt zu den Jonges, deren Mitgliedschaft zur Zeit
30 Euro pro Jahr beträgt.
Die Ratinger Jonges erklären ihr Vereinsengagement mit dem Spaß an einer zugegeben schönen Stadt, mit Interesse an Historie und eher einfachem Einsatz bei der Pflege heimatlicher Hoheitszeichen.