Ostereier-Ausstellung: Eier-Kunst aus Schlesien

Gefärbt, bemalt und gefräst: Das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen-Hösel zeigt 300 Eier-Kunstwerke aus Schlesien.

Ratingen. Es ist wahr: Hasen legen keine Eier. Dennoch hält sich hartnäckig der Brauch, zum allerhöchsten Hasenfest, nämlich Ostern, Eier bunt zu bemalen. Das geht ratzfatz mit wabbeligen Farbstiften aus dem Supermarkt, sieht dann aber bestenfalls so aus wie von einem vorpubertären Kandinsky hingeschmiert.

Dass es völlig anders geht, zeigt derzeit die Sonderausstellung „Eizeit“ im Oberschlesischen Landesmuseum an der Bahnhofstraße in Ratingen-Hösel. Zum 30-jährigen Bestehen des Museums haben sich die Mitarbeiter auf eine grenzüberschreitende Eiersuche begeben und sind in Schlesien fündig geworden.

Dort spricht man nicht einfach nur von Ostereiern, sondern von „kroszonki“, „pisanki“ oder „naklejanki“ und meint Eier, die in jeweils unterschiedlichen Techniken verziert wurden.

Etwa 300 Eibeispiele sind im Obergeschoss des Museums arrangiert und harren der Besucher. Zu ihnen zählt Martha Weiland, die aus dem Staunen nicht herauskommt. „Herrje, was für eine Arbeit!“ Dem kann man kaum widersprechen. Etwa zehn Stunden vergehen, bis das Ei von Huhn, Gans oder Strauß in voller Pracht leuchtet. Verwendet wird nicht das in Deutschland so beliebte hartgekochte Ei, sondern nur die ausgeblasene Schale. Damit sind die Bildträger ungleich fragiler, wodurch sich das Verzieren als waschechter Eiertanz erweist.

„Kroszonki“, um darauf zurückzukommen, sind Eier, die als Ganzes eingefärbt und anschließend mit Gravuren versehen werden. Zurück bleibt ein weißes Muster im farbigen Umfeld. „Pisanki“ werden mit Wachsstiften bemalt und dann in einem oder mehreren Durchgängen eingefärbt. Wo Wachs die Schale bedeckt, bleibt sie weiß, kann dort aber zum Abschluss auch noch von Hand bemalt werden. „Naklejanki“ schließlich sind Eier, die mit diversen Materialien aus der Natur beklebt werden.

Martha Weiland haben es aber ganz besonders die Eier angetan, die keiner der drei Techniken zuzuordnen sind. Erschaffen hat sie Joachim Orlowski, den man mit Fug und Recht als begnadeten Eierschneider bezeichnen darf. Der schlesische Künstler hat mit feinsten Bohrern die Eierschalen perforiert und die übrigen Partien mit winzigen Fräsen so bearbeitet, dass Reliefbilder entstanden sind. Durchscheinendes Licht verwandelt die großartigen kleinen Kunstwerke in eine Art Lithophanie.

Grün sei die Hoffnung, Rot die Liebe — so zählt Erika Marquart Farben und Symbolik auf, die sie dem Osterei zuordnet. Freilich kennt man andernorts abweichende Bedeutungen: Gelb für den Wunsch nach Weisheit, Rot für Christi Opfertod, Grün für Unschuld.

Wer den Farbenzauber erstmals auf Eier bannte, ist nicht bekannt, so wie überhaupt die Bräuche rund ums Oval aus dunklen Tiefen der Geschichte rühren. Eine Theorie besagt, dass während der österlichen Fastenzeit kein Christ ein Ei aß, während sich die Hühner eben nicht an solche Gebote hielten. Um den Überschuss zu konservieren und ihn gegenüber dem Frischei kenntlich zu machen, wurden die während der Fastentage gelegten Eier gekocht und bemalt.

Wie dem auch sei: Das Museum hat anhand historischer Fotos belegt, was in Schlesien guter Osterbrauch war — etwa das Verbrennen oder Ertränken einer Strohpuppe namens Marzanna, die Winter und Tod symbolisierte, oder der „Nasse Montag“. An diesem Tag, dem Ostermontag, bespritzten junge Männer ihre Auserwählte mit Duftwasser. Im Gegenzug verschenkte das Mädel ein Ei. Selbstverständlich eines, das zuvor nach gutem schlesischem Brauch in stundenlanger Arbeit verziert worden war.