Wetter made in Ratingen Leidenschaft für Sonne, Wolken und Wind

Breitscheid. · Harald Morr betreibt in seinem Garten in Breitscheid eine private Wetterstation.

Wetter ist seine Leidenschaft: Harald Morr betreibt in Breitscheid eine eigene Wetterstation. Die erfassten Daten lädt er auf die Internetseite ratingenwetter.de.

Foto: Fries, Stefan/Fries, Stefan (fri)

Wo andere Rosen oder allerlei Grün züchten, macht sich bei Harald Morr Technik breit. Umfangreiches Gerät erfasst in seinem Garten in Breitscheid Wetterdaten. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Windstärke und -geschwindigkeit – dem Breitscheider bleibt nichts verborgen.

„Der normale Wetterbericht war mir zu ungenau“, erinnert sich Morr an die Anfänge seiner Leidenschaft. Morr wollte wissen, ob sich über seinem Kopf etwas zusammenbraut, nicht irgendwo in Nordrhein-Westfalen. „Das Wetter kann lokal sehr unterschiedlich sein.“ Und so zog im Jahr 2005 die erste Wetterstation bei ihm ein. Doch die reichte ihm bald schon nicht mehr.

Inzwischen betreibt der Breitscheider die dritte Station. Seine Datenerfassung wurde immer ausgefeilter. Er bestimmt die Blattfeuchte ebenso wie die Bodentemperatur (in fünf und in 20 Zentimeter Tiefe) oder misst Feinstaub. Damit die Daten durch Hitze und Frost nicht verfälscht werden, hat er sogar Heizungen und Belüftungen für seine Geräte installiert.

Morr ist einer der wenigen, die sogar einen amerikanischen Wettersatelliten anzapfen. „Legal“, versichert er. Zweimal täglich überquert der Sender Breitscheid und liefert dem Hobbymeteorologen Satellitenbilder. Das analoge Signal wird im hauseigenen Rechenzentrum in digitale Daten umgewandelt. Dorthin werden auch im Fünf-Minuten-Rhythmus alle erfassten Messwerte übermittelt.

Morr behält sein Wissen nicht für sich. Im Laufe der Jahre entwickelte er die Internetseite ratingenwetter.de. Sie ist frei zugänglich und bietet jedem Nutzer Einblick in die lokalen Wetterereignisse. Der Service wird rege genutzt: „Die Nachbarn schauen rein, aber auch Nutzer aus Belgien, den Niederlanden und sogar aus Amerika“, berichtet Morr. „Die Zugriffszahlen steigen, wenn sich das Wetter verschlechtert, zum Beispiel wenn ein Sturm aufzieht“, bemerkt der Breitscheider, der auch Blitze im Umkreis von 350 Kilometern erfassen kann.

44 private Stationen gibt es in NRW. Die Betreiber sind „alle ein bisschen verrückt“, so Morr. Sogar seine Frau teilt das Hobby inzwischen. Mittlerweile kann er gar nicht mehr so genau sagen, was ihn mehr fasziniert – die Daten oder das Zusammenspiel der Technik.

Eine zuverlässige Prognose traut sich Morr nur für zwei Tage zu

Im Laufe der Jahre beobachtet Harald Morr eine Veränderung des Klimas. „Temperaturgegensätze werden geringer. Hochs und Tiefs bleiben immer häufiger ortsfest. Das beschert uns zwar schöne Sommer, aber wir brauchen auch Regen“, sagt er. Seine Erfahrung zeigt, die Temperaturkurve verschiebt sich ins Frühjahr. „Die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten wird immer geringer.“ Und auch der 100-jährige Kalender kann kaum noch als Prognose herangezogen werden. Großereignisse am anderen Ende der Welt können dagegen das Wetter in Ratingen beeinflussen. „Nach den Waldbränden in Australien oder einem Vulkanausbruch steigt auch in Ratingen der ­Feinstaubwert.“

Eine zuverlässige Prognose traut sich Morr nur für zwei Tage zu. „Alles andere wird ungenau.“ Das Problem seit Ausbruch der Corona-Pandemie: „Flugzeuge senden stetig Messdaten an die Bodenstationen. Ebenso Schiffe. Sind weniger von ihnen unterwegs, wird es auch schwerer, Wettermodelle mit Daten zu füttern.“

Eines wagt Morr aber doch zu prognostizieren: „Der Sommer ist vorbei. Tage mit 25 Grad werden wir in diesem Jahr nicht mehr haben.“

(Andrea Bindmann)