Hilfe für die Ukraine Ratingerinnen bringen Hilfsgüter in die Ukraine

Ratingen · Jede Woche schicken Elena Köhler und Anna Misyura einen Transporter mit Hilfsgütern in die Ukraine. Vor Ort haben sie persönliche Kontakte, die die Verteilung übernehmen. Die beiden Frauen können noch Spenden gebrauchen.

Elena Köhler und Anna Misyura (v.l.) organisieren privat Hilfstransporte für die Ukraine.

Foto: Achim Blazy (abz)

„Ich wollte gar nicht glauben, was da passiert.“ Anna Misyura erinnert sich genau an den Tag, an dem in der Ukraine der Krieg ausbrach. „Freunde posteten auf Instagram, dass sie flüchten müssen.“ Doch es war kein schlechter Traum. Seitdem treibt das Schicksal der Menschen in der Ukraine die Fotografin um. Gemeinsam mit ihrer Freundin und Arbeitskollegin Elena Köhler startete sie umgehend eine Hilfsaktion, die bis heute läuft.

„Ich habe Familie in Russland und in der Ukraine“, berichtet Misyura, die selbst in Russland geboren wurde. Von einem Tag auf den anderen waren der friedliche Grenzverkehr, Urlaube im Nachbarland und fröhliche Familienbesuche Geschichte. „Wir haben nichts zu essen, konnten nichts mitnehmen“, schrieben die Freunde auf ihrem Weg durch das Land.

Anna Misyura und Elena Köhler handelten sofort. „Wir kauften alles ein, was möglich war und haben es an die Freunde in der Ukraine geschickt.“ Die wollten das Land nicht verlassen, brachten sich aber im Westen des Landes in Sicherheit. Heute sind sie eine wichtige Stütze bei der Verteilung der Hilfsgüter, die Misyura und Köhler auf die Reise schicken.

Die erste Lieferung stand unter keinem guten Stern. „Der erste Transport ist verschollen. Auch von dem Fahrer haben wir kein Lebenszeichen erhalten. Wir wissen bis heute nicht, was passiert ist“, so Misyura und Kögler. Dennoch ließen sie sich nicht entmutigen, sammelten weiter Hilfsgüter und schicken jede Woche einen Sprinter auf die Reise.

In ihrer Arbeitskollegin Elena Köhler fand Misyura eine tatkräftige Mitstreiterin. „Anna fühlte sich verantwortlich, weil sie Russin ist“, sagt Köhler. Mentale Unterstützung wurde ebenso gebraucht, wie physische. „Wir sammeln Konserven, Medikamente, blutstillende Mittel, Hygieneartikel und Babynahrung“, so die Ratingerinnen. Zu Beginn wurden auch Kleidungsstücke verpackt: „Das hat sich nicht bewährt, es nimmt einfach zu viel Platz weg.“

Von Woche zu Woche wächst die Helfergemeinde. Nicht zuletzt, weil Anna Misyura die Adressaten ihrer Lieferungen sorgfältig auswählt. „Wir schicken nur an Menschen, die wir kennen. In der Ukraine haben wir Freunde (Dmytro Andieiev und Oleksandr Khomiak), die alle Waren annehmen, lagern und gezielt verteilen.“

Dass die Lage sich noch lange nicht entspannt hat, zeigt ein Vorfall in den vergangenen Wochen: „Mitten in der Nacht schickte ein Fahrer ein Video. Es wurde nicht gesprochen, aber es war klar – der Transport steht unter Beschuss. Niemand konnte dorthin, um zu helfen. Es war zu gefährlich“, berichten die Frauen. Irgendwie gelang es dem Fahrer, sich in Sicherheit zu bringen und am nächsten Morgen Medikamente in ein Krankenhaus in Kiew zu
bringen.

Immer wieder bringen sich die Helfer in Gefahr, beliefern sogar das belagerte Stahlwerk Asovstal. „Das geht nur, weil die Menschen aus der Region kommen und sich auskennen“, so die Helferinnen. Es werde noch viel Hilfe benötigt, sagen sie. „Wenn Krankenschwestern unser Material benutzen, müssen sie nicht nachdenken, keine Berichte schreiben, keine Protokolle anfertigen. Sie können einfach ihre Arbeit machen.“

Die Unterstützung rollt ehrenamtlich. Fahrer, Fahrzeuge, Sprit, Waren – alles wird aus der Tasche der Helfer finanziert. Gerade erst haben Misyura und Köhler für 4500 Euro blutstillende Mittel bestellt, die sie bezahlen muss. Da würde auch die ein oder andere Geldspende helfen.

„Wir sind keine offizielle Organisation. Wir sind einfach zwei alleinerziehende Mütter, die den Menschen, die nicht flüchten können oder dürfen, helfen wollen“, so Köhler. „Auch hier versuchen wir geflüchteten Müttern etwas Gutes zu tun, versuchen sie unterzubringen und mit anderen Betroffenen zusammenzubringen.“

Der nächste Transport macht sich am 13. Mai auf den Weg. 15 Stunden dauert eine einfache Fahrt. Manchmal verlässt Anna Misyura der Mut. Aber nur kurz. „Die Grundstimmung in der Ukraine ist trotz allem positiv. Es liegt ein „Wir schaffen das“ in der Luft. Wir müssen auch positiv bleiben. Wir müssen jetzt helfen.“