Überblick zum Krieg Ukraine meldet Abschuss von russischem Landungsboot

Kiew/Berlin · Die russische Armee setzt ihre Offensive unvermindert fort. In der Ukraine werden noch heftigere Raketenangriffe in allen Landesteilen befürchtet - doch es werden auch militärische Erfolge gemeldet. Der Überblick.

Vor der russischen Militärparade am 9. Mai zum Sieg über Nazi-Deutschland befürchtet die Ukraine vermehrt russische Angriffe. „In den nächsten Tagen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit von Raketenangriffen in allen Landesteilen“, erklärte Kiews Bürgermeister Witali Klitschko am Freitagabend in Online-Netzwerken. Er rief die Bürger auf, vorsichtig zu sein und alle Sicherheitsregeln zu befolgen. Die Bürgermeister von Odessa und Poltawa im Landesinneren kündigten eine Ausgangssperre für Sonntag und Montag an.

Die russische Armee setzte unterdessen ihre Offensive unvermindert fort, wie das ukrainische Verteidigungsministerium am Samstagmorgen mitteilte. „In Mariupol blockiert der Feind weiterhin die ukrainischen Verteidigungseinheiten im Bereich von Asow-Stahl“, erklärte das Ministerium. In der Region Charkiw seien drei Straßenbrücken von den russischen Truppen zerstört worden, um den ukrainischen Vormarsch aufzuhalten.

Zudem seien in den zurückliegenden 24 Stunden Angriffe aus der Nähe von Charkiw im Norden, aus der südukrainischen Stadt Mykolajiw und aus der Region Donezk im Osten gemeldet worden, teilte das Verteidigungsministerium weiter mit. Am Freitagabend wurde die südukrainische Hafenstadt Odessa von zwei Raketen getroffen. Nach Angaben des Süd-Kommandos der ukranischen Truppen gab es keine Opfer.

Ukrainischen Rettungsdiensten zufolge wurde in Kostjantyniwka in der Region Donezk eine Technische Hochschule von einer Rakete getroffen und in Brand gesetzt. Mindestens zwei Menschen seien gestorben. Entlang der Frontlinie habe es „massive Bombenangriffe“ gegeben, erklärte der Regionalgouverneur von Donezk, Pawlo Kyrylenko.

Britischen Geheimdienstangaben zufolge gelang es ukrainischen Streitkräften mit hochmodernen Waffen westlicher Verbündeter mindestens einen modernen Panzer der russischen Armee vom Typ T-90M zu zerstören.

Ukraine meldet Abschuss von russischem Landungsboot

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben ein Landungsboot der russischen Schwarzmeerflotte versenkt. „In den Gewässern des Schwarzen Meeres wurde ein feindliches Landungsboot vom Typ „Serna“ vernichtet“, teilte der Pressechef der Militärverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Dazu veröffentlichte er ein Video, das den Beschuss des Schiffs mit einer Drohne zeigen soll. Die Echtheit der Bilder konnte unabhängig nicht überprüft werden. Von russischer Seite gab es zunächst keine Reaktion auf den angeblichen Vorfall.

Das Schiff soll den ukrainischen Angaben zufolge nahe der Schlangeninsel versenkt worden sein. Ukrainische Journalisten hatten am Vortag davon berichtet, dass in diesem Gebiet eine russische Fregatte beschossen worden und in Brand geraten sein soll - was allerdings weder aus Kiew noch aus Moskau offiziell bestätigt wurde. Unklar war zunächst auch, ob die Berichte vom Freitag und vom Samstag sich tatsächlich auf zwei verschiedene russische Wasserfahrzeuge bezogen oder ob möglicherweise dasselbe gemeint sein könnte.

Bestätigt hingegen ist, dass die russische Schwarzmeerflotte seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine Ende Februar mindestens zwei große Schiffe verloren hat. Im ostukrainischen Hafen Berdjansk wurde Ende März ein großes Landungsschiff mit einer Rakete versenkt. Das Flaggschiff der Flotte, der Raketenkreuzer „Moskwa“, sank Mitte April nach einem Brand in der Nähe der Schlangeninsel. Während Russland bis heute keine nähere Erklärung zu den Brandursachen abgegeben hat, nimmt die Ukraine für sich in Anspruch, den Kreuzer mit Anitschiffsraketen abgeschossen zu haben

Hat Scholz so schnell Zeit für eine Reise nach Kiew?

Zur Einladung Selenskyjs an Scholz für den 9. Mai verwies ein Sprecher der Bundesregierung auf bereits bekannte Termine. Dazu zählt der Antrittsbesuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Montag. „Am Vortag werden der Bundeskanzler, seine G7-Kollegen und der ukrainische Staatspräsident in einer Video-Schalte am historischen Jahrestag des Weltkriegsendes über die Lage in der Ukraine beraten“, sagte der Sprecher.

Zum Krieg in der Ukraine plant Scholz eine Fernsehansprache, die am Sonntagabend im Fernsehen übertragen werden soll. Ebenfalls am Sonntag reist Bundestagspräsidentin Bärbel Bas auf Einladung des ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk nach Kiew - und könnte dort möglicherweise auch Präsident Selenskyj treffen.

Wochenlang gab es zwischen Kiew und Berlin Verstimmungen, weil ein Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht erwünscht war. Scholz hatte die Ausladung als Hindernis für eine eigene Reise bezeichnet. Am Donnerstag räumten Steinmeier und Selenskyj die Irritationen in einem Telefonat aus. Scholz kündigte daraufhin an, dass Außenministerin Annalena Baerbock nach Kiew reisen werde.

Mehr Militärhilfe aus den USA

US-Präsident Joe Biden gab weitere Militärhilfen für die Ukraine frei. Mit einem zusätzlichen Paket solle das Land Artilleriemunition, Radargeräte und andere Ausrüstung erhalten, kündigte Biden an. Ein 150 Millionen US-Dollar (rund 142 Millionen Euro) schweres Paket sei genehmigt worden, hieß es aus dem US-Außenministerium.Einschließlich dieser Hilfen haben die USA der ehemaligen Sowjetrepublik seit Kriegsbeginn Waffen und Munition im Wert von mehr als 3,8 Milliarden US-Dollar (rund 3,6 Milliarden Euro) zugesagt oder bereits geliefert. Biden hat den US-Kongress außerdem um weitere 33 Milliarden US-Dollar (31,3 Milliarden Euro) für Militärhilfe und humanitäre Unterstützung gebeten. Selenskyj hat als Ziel ausgegeben, die russischen Truppen aus den seit dem 24. Februar eroberten ukrainischen Gebieten zu vertreiben.

Nato warnt Russland vor Atomwaffen im Ukraine-Krieg

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte Russland vor dem Einsatz von Atomwaffen im Ukraine-Krieg. „Unsere Botschaft ist eindeutig: Nach einem Einsatz von Nuklearwaffen würde es auf allen Seiten nur Verlierer geben“, sagte Stoltenberg der „Welt am Sonntag“. „Einen Atomkrieg kann man nicht gewinnen, und er sollte nie geführt werden, das gilt auch für Russland.“Die Allianz hat laut Stoltenberg aber keine Hinweise darauf, dass speziell die russischen Nuklearwaffen seit Beginn des Krieges am 24. Februar in einer höheren Bereitschaftsstufe seien. Moskau hat allgemein seine Abschreckungswaffen in Alarmbereitschaft versetzt, was als Drohung auch mit dem atomaren Arsenal verstanden wird.

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, schloss unterdessen eine Zusammenarbeit mit Kremlchef Putin nach Kriegende aus. „Russlands Präsident hat sich von der zivilisierten Welt verabschiedet“, sagte Heusgen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Putin gehöre für die von Russland begangenen Kriegsverbrechen vor ein internationales Gericht.

(afp/dpa)