Herr Wölke, wie wahrscheinlich alle Handballer nennen Sie René Osterwind „Hansi“. Wissen Sie, woher der Spitzname kommt?
Handball „Wir bauen ja gerade in der Jugend etwas auf“
Ratingen · Interview Markus Wölke vom TuS Lintorf und René Osterwind von der SG Ratingen II sprechen über ihre verschiedenen Konzepte, um den Handball-Nachwuchs zu fördern.
. Am Samstag empfing der TuS 08 Lintorf in der Handball-Verbandsliga die SG Ratingen II zum Derby. Davor stellen sich TuS-Trainer Markus Wölke und SG-Trainer René Osterwind einem Doppel-Interview quasi auf neutralem Boden: Das „Meck“ befindet sich zwar in Lintorf und ist damit die Stamm-Wirtschaft des TuS, der Ratinger Coach Osterwind hat da als langjähriger Spieler der Lintorfer aber schon weitaus mehr Abende verbracht als Wölke.
Markus Wölke: Ehrlich gesagt nein. Ich habe den Spitznamen vor zwei Jahren so übernommen.
Klären Sie diese Begebenheit auf, Herr Osterwind?
René Osterwind: Meine Familie hatte mehr als 50 Jahre einen Gastronomie-Betrieb in Ratingen, und da gab es den Keller Hans-Joachim Lippert, das war der Original-Hansi. Das war ein sehr, sehr lustiger Kellner, und nach meinem ersten Seniorenspiel mit Lintorf sind wir mit der Mannschaft da essen gewesen, die Jungs fanden ihn auch lustig – und da hatte ich den Spitznamen weg. Dank meines damaligen Mitspielers Thorsten Haufs.
Sie sagten, Sie haben „Hansi“ vor zwei Jahren übernommen...
Wölke: Ja, als ich seine Mannschaft übernommen habe, also damals die Zweite des TuS Lintorf. Wir haben nach der Vorbereitung miteinander gesprochen, Hansi hatte super Arbeit geleistet mit den Jungs, es ging nur darum, dass sie sich einlassen auf das, was ich vorhabe. Und das haben sie getan und es mir sehr leicht gemacht. Ich habe mich von Anfang heimisch in Lintorf gefühlt.
Wie war das für Sie, Herr Osterwind, als Ur-Lintorfer diese Mannschaft abzugeben?
Osterwind: Man hofft ja immer, wenn man eine Mannschaft verlässt, dass sie danach in guten Händen ist. Und das ist sie bei Markus auf jeden Fall. Alles gut.
Sie wurden dann aber
zum Trainer der Ersten
in Lintorf befördert...
Wölke: Ich hatte nicht damit gerechnet. Es hat mit mir und der Zweiten super gepasst, menschlich wie sportlich. Und es hat auch weh getan, die Mannschaft zu verlassen, da bin ich ehrlich. Ich habe ein Jahr lang beide Mannschaften betreut, aber das ist dann letzte Saison durch die Decke gegangen mit den 13 Siegen in Folge, der Verbandsliga-Vizemeisterschaft und der Zweiten, die Dritter in der Landesliga wurde. Ich wünsche der Zweiten auch dieses Jahr den Aufstieg, aber ich würde nie wieder beide Mannschaften gleichzeitig betreuen. Es hat unglaublich viele Körner gekostet, ich war nach der Saison so platt wie nie, und meine Familie hatte ja auch noch weniger von mir. Da habe ich gesagt, dass tue ich nicht mehr, sonst sitze ich irgendwann mit einem Schild unter der Brücke (lacht). Aber die Zweite ist ja jetzt auch in sehr guten Händen bei Ralf Trimborn.
In Lintorf haben Sie eine
Jugend-Kooperation mit dem Turnverein Ratingen, aus der Sie viele junge
Spieler einsetzen können.
Wölke: Ja, die Spieler, die unter dem TuS Lintorf laufen, können in beiden Mannschaften spielen, und Thierry Greday und Jan Fassbender haben bei uns ja auch schon in der Verbandsliga gespielt. Es wäre fahrlässig, wenn wir so ein Potenzial nicht nutzen würden. Das ist auch schön mit Blick auf die nächste Saison – so einen Pool an Spielern zu haben, wünschen sich alle Senioren.
Wünschen Sie sich das auch, Herr Osterwind?
Osterwind: Das hätte sicher jeder Trainer gerne – vor allem als Trainer einer zweiten Mannschaft. Aber wir haben ja auch Leute für unser Regionalliga-Team hervorgebracht wie aktuell Leo Loose oder Maik Ditzhaus oder Yannik Nitzschmann, der auch bei uns angefangen hat. Und wir bauen ja gerade in der Jugend etwas auf.
Sie meinen die Kooperation mit dem HC Düsseldorf.
Osterwind: Richtig. Wir haben davon jetzt immer drei bis vier Spieler bei Ace (Jonovski, Trainer der Regionalliga-Mannschaft, Anm. d. Red.) im Training und schon einige Testspiele gegen die B-Jugend des HCD gemacht. Wir wollen das etablieren, um daraus nachhaltig etwas entwickeln zu können. Ich hoffe natürlich, dass da auch Spieler für mich bei herauskommen und nicht nur für die Erste (lacht). Wir können jungen Spielern auf jeden Fall die Perspektive geben, bei uns Spielzeit zu bekommen und zusätzlich regelmäßiges Training mit namhaften Spielern bei der Ersten.
Herr Wölke, wie finden Sie das Konstrukt bei der SG Ratingen?
Wölke: Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen: Als Essener bin ich raus aus dem Lokalkolorit (schmunzelt). Aber differenziert: Die SG hat sich für ihr Modell entschieden, und die Verzahnung mit dem Verein Interaktiv scheint eines zu sein, das Sinn macht. Meine persönliche Meinung ist: Im Handball wird es grundsätzlich ohne Kooperationen auf Dauer nicht gehen, und daher finde ich jedes Modell gut, dass zukunftsfähig ist. Ob man das der SG mag oder nicht ist Sache des Lokalpatriotismus. Immerhin bin ich als Trainer in Kettwig gegen die Erste der SG angetreten, als die noch auf dem Weg nach oben war. Mit Basti Schlierkamp als Spieler.
Osterwind: Und mir...
Wölke: Stimmt! Was ich sagen will: Für uns war die Zusammenlegung der A-Jugend mit dem TV Ratingen der richtige Schritt, da waren mit Ralf Trimborn und den anderen drumherum auch die richtigen Leute am Werk. Wenn sich dadurch Nachhaltigkeit entwickelt, hilft das für die kommenden Jahre. Ich finde die Geschichte mit der SG und dem HC Düsseldorf auch spannend, es ist gut, längerfristig zu denken. Ich denke, jeder Verein muss etwas für sich und seine Entwicklung finden. Ich weiß, dass Basti den Traum von der Dritten Liga hat und finde, dass man sich große Ziele stecken muss, um sie zu erreichen.
Das klingt wie beim
Deutschen Handball-Bund, wo die Ziele bei der EM zuletzt nicht erreicht wurden. Was sagen Sie zu Bundestrainer Christian Prokop?
Wölke: Wie gesagt, ich finde es richtig und gut, sich ambitionierte Ziele zu setzen. Aber die Diskussion um Prokop gerade ist unfair. Er hatte viele wichtige Spieler verletzt. Gut, gegen Kroatien wurde ein Spiel verloren, das man nicht verlieren muss und bei dem man über den einen oder anderen Wechsel reden kann. Aber beim Derby sitzen am Breitscheider Weg 100 Leute, die dem Hansi nachher 20 Wechselfehler attestieren und 100, die mir 20 Wechselfehler attestieren. Das ist halt so.
Osterwind: Ich hatte ja gerade so eine Situation: Bei mir hat Bastian Lindner, der ein halbes Jahr nicht gespielt hat, zuletzt in der Crunchtime auf dem Feld gestanden, dafür saß Clemens Oppitz draußen, der ja jetzt zweimal bei der Ersten dabei war. Ich hatte aber bei Basti ein gutes Gefühl – und er holt den entscheidenden Siebenmeter heraus und wirft den auch noch ein. Wenn wir das Spiel verloren hätten, wäre ich der Depp gewesen, der Clemens draußen gelassen hat. Bei Prokop ist es generell so: Wir sind da alle viel zu weit weg von. Aus der Ferne ist es immer super leicht, über Entscheidungen eines Trainers zu urteilen.