Abenteuer Gastarbeiterin
Inci Küran kam vor 40 Jahren als Gastarbeiterin mit ihrem Mann nach Deutschland. Seit mittlerweile 31 Jahren wohnt sie in Velbert.
Neviges. 1971 war das Jahr, das einen großen Einschnitt in Inci Kürans Leben brachte. 24 Jahre war sie damals alt, verheiratet, und lebte im westlichen Teil der türkischen Metropole Istanbul. Dann bekam ihr Mann als begabter Fußballspieler das Angebot, in Karlsruhe auf Torejagd zu gehen. Inci Küran zog als Gastarbeiterin mit ihm nach Deutschland. Damit gehört sie zur ersten Generation der Menschen, die nach dem deutsch-türkischen Anwerbeabkommen von 1961 in die Bundesrepublik kamen.
Ursprünglich wollte die mittlerweile 64-Jährige nur vier Jahre in der Fremde bleiben. Dann kam alles anders. Nach mehreren Umzügen folgte vor 31 Jahren der letzte — nach Velbert. Anfangs arbeitete sie in der Modebranche. Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist sie nun im Versand der Firma BKS tätig. „Heute ist eine Rückkehr in die Türkei kein Thema mehr. Wir fühlen uns hier sehr wohl“, sagt die Frau, deren drei Kinder und demnächst auch das zweite Enkelkind in Deutschland geboren sind. Hier hat sie nicht nur neue Freunde, sondern auch eine neue Heimat gefunden. „Ich bin eine Velberterin geworden“, sagt Inci Küran.
Nach Deutschland zu kommen, sei zunächst wie ein Abenteuer gewesen. „Die Leute waren sehr freundlich und höflich. Es gab für mich kaum einen Unterschied zu Istanbul“, erinnert sie sich. Ihre Hoffnung sei es hauptsächlich gewesen, dass ihre Kinder mehrsprachig aufwachsen können.
Menschen mit Vorurteilen gegenüber türkischen Einwanderern sei sie immer wieder begegnet. Solchen Leuten gegenüber sei sie stets als offene, wissbegierige Frau aufgetreten. „Ich habe immer versucht, gleich in das Herz der Menschen zu gehen“, sagt sie. Dadurch seien Vorurteile schnell vom Tisch gewesen.
Das wichtigste sei es, sich verständigen zu können und an der eigenen Bildung zu arbeiten, rät sie ihren anderen Einwanderern. „Wenn man in ein anderes Land kommt, muss man die Sprache lernen“, sagt Inci Küran. Sie habe dazu immer viel gelesen — und auch mal Trickfilme mit ihren Kindern angesehen.
Nach Velbert kamen sie über Freunde. Die hatten ihnen den neuen Wohnort in Nordrhein-Westfalen schmackhaft gemacht. Familie Küran bemerkte, dass es trotz der vielen positiven Dinge in der Stadt wenig Möglichkeiten für Einwanderer und deren Kinder gab, sich zu treffen. Deshalb halfen sie beim Fußballverein Türkgücü Velbert mit.
1995 wurde außerdem der türkische Frauen Kultur Verein gegründet, dessen Vorsitzende Inci Küran noch heute ist. Dort hilft sie Menschen, die heute in Deutschland so fremd sind wie sie es damals selbst war. Die Türkei sieht Inci Küran nur noch im Urlaub. Ab und zu besucht sie ihre Mutter in Istanbul.