Anger ist eine Quelle für spannende Sagen

Der Bach hat auf seiner gesamten Länge viel Sehenswertes zu bieten. Wo die Hauptquelle liegt, darum wurde lange gestritten.

Foto: Blazy

Wülfrath/Kreis Mettmann. Wo genau der Ursprung der Anger ist, da scheiden sich die Geister, denn es gibt mehrere Quellen. Die unterirdischen Zuflüsse zum Krapps Teich in der Wülfrather Innenstadt wurden in der Vergangenheit als einer der bekanntesten Ursprünge benannt. Die Hauptquelle der Anger liegt aber in den Fliethen bei Rützkausen und nicht in Wülfrath. Mit diesem Recherche-Ergebnis überraschten die Heimatforscher Friedhelm Kopshoff, August Wilhelm Rees und Jürgen Scheidsteger im Dezember 2015 zumindest die meisten Wülfrather bei der Vorstellung ihres Buches „Das obere Angertal — Die Geschichte verlorener Höfe und der Angerquelle in Velbert“.

Foto: Bahrmann

In ihrem Verlauf fließt die Anger (wegen ihrer Durchquerung von Steinbrüchen und zunehmender Kanalisation nicht immer sichtbar) durch die Städte Heiligenhaus, Ratingen und Düsseldorf, bis sie schlussendlich in Duisburg-Angerhausen in den Rhein mündet.

Im frühen Mittelalter bildete der Angerbach an mehreren Stellen die Grenze zu anderen Herzogtümern, wovon heute noch zahlreiche Burgen, Rittergüter und Herrensitze zeugen, wie beispielsweise das „Gut Laubeck“ in Heiligenhaus und in Ratingen das „Haus Anger“, die Burg „Gräfgenstein“ und die Wasserburg „Haus zum Haus“, die als Schönste ihresgleichen im Niederrheinischen gilt. Und wo es altwürdige Stätten gibt, dürfen natürlich alte Sagen und Geschichten nicht fehlen. So erzählt Michael Lumer von der Wandersage der „Heinzelmännchen im Haus zum Haus“. „Ähnlich wie in Köln sagte man, dass es auch in der Wasserburg an der Anger Heinzelmännchen gab, die sich des Nachts nützlich machten, bis sie urplötzlich verschwanden. Der einen Sage nach vertrieb sie eine neugierige Magd, die die kleinen Wichtel mit Hilfe von ausgeschütteten Erbsen zu Gesicht bekommen wollte. Einer anderen Geschichte zufolge war es ein böser Vogt, der sie in einem Kessel briet, um an ihre Schätze zu kommen“, berichtet der Vorsitzende des Ratinger Heimatvereines.

Entlang des Angerbachs sind aber auch heute noch viele alte Mühlen (Hofermühle in Heiligenhaus, Anger- und Auermühle in Ratingen und Sandmühle in Duisburg), typische niederbergische Fachwerkhäuser und Kotten sowie historische Gehöfte zu finden. Einige von ihnen, wie der Sackerhof in Tiefenbroich und der Biegerhof im Duisburger Süden, haben ihren Namen vom Verlauf der Anger, der an einer Stelle beispielsweise wie ein Sack geformt ist oder eben eine Biegung macht. Auch zum Sackerhof weiß Lumer von einer Sage zu berichten. Als seinerzeit der Heilige Swidbert auf dem Rückweg von Ratingen nach Kaiserswerth war, habe er die Bewohner des „Sacker Schlosses“ als „Gottlose vom Sack“ verflucht, weil diese ihm Wasser gegen den Durst verwehrt hatten.

Als sie davon erfuhren, lockten sie angeblich seine Gefährten an und ermordeten sie heimtückisch. Daraufhin reiste Swidbert abermals nach Ratingen, um die Schlossbewohner zu bekehren und zur Reue zu bewegen. Als diese ablehnten, verfluchte er sie abermals und tags darauf sei das Schloss spurlos verschwunden. Eng verbunden mit der Anger ist auch der Kalksteinabbau. Entlang der Strecke von Wülfrath bis nach Ratingen sind zum Teil stillgelegte Steinbrüche, wie das Gebiet um den „Blauen See“ aber auch noch Steinbrüche in Betrieb, wie die Wülfrather Kalksteinwerke, zu finden. Auch die 1906 in Betrieb genommene Kalkbahn fährt in unmittelbarer Nachbarschaft durch das romantische Angertal. Erkundet man dieses übrigens zu Fuß oder per Fahrrad, entdeckt man auf einem Wanderweg zwischen der Auermühle und dem Steinkothen zwei Skulpturen, die zum Ratinger Kunstweg gehören. Am Bachlauf steht „Das grasende Pferd“ von Johannes Brus und etwas weiter auf einer Anhöhe der „Mann im Hirschgeweih“ von Stephan Balkenhol.

Einige Streckenabschnitte der Anger (zwischen Angermund und Tiefenbroich oder zwischen Ungelsheim und Huckingen) wurden im Laufe der Zeit begradigt und in ein künstlich angelegtes Bett umgeleitet.

Damit wollte man den Wasserverlauf sicherer gestalten und Hochwasserschäden in den angrenzenden Gebieten verringern. Da der Bachverlauf jetzt gerade verläuft und sich nicht durch ein größeres Gebiet schlängelt, sind nunmehr weniger Gebiete betroffen. Außerdem kann der Bach nicht mehr durch natürliche Wanderung sein Bett von sich aus verlegen. Versumpfte Wälder und Wiesen wurden trocken gelegt werden. Neu angelegte Rückhaltebecken sollen die Wassermassen auffangen, wenn die Anger über ihre Ufer tritt.