Ausverkauf bei Praktiker: Ansturm der Schnäppchenjäger

Am Freitag begann im Praktiker der Ausverkauf. Für die Mitarbeiter bedeutete das Stress. Viele Kunden bedauern die Schließung.

Wülfrath. Alle vier Kassen sind geöffnet, dahinter lange Schlangen bis zu den hinteren Regalen. „Alles muss raus“ steht auf den Plakaten am Eingang, an jeder Ecke sind Prozentzeichen zu finden. „Hier ist die Hölle los“, sagt ein Mitarbeiter. „Ein normaler Schlussverkauf ist nichts dagegen.“ Nicht ohne Grund ist der Wülfrather Praktiker an diesem Freitag so überfüllt: Er gehört zu den letzten 130 Filialen der Baumarkt-Kette, die aus Insolvenz-Gründen geschlossen werden. Am Freitag startete der Räumungsverkauf.

Bereits morgens um 9 Uhr ist der Ansturm gewaltig. „Ich bin extra früh hierhergekommen“, sagt eine Besucherin. „Sonst ist doch nachher alles schon weg.“

„Diesen Zuspruch hätten wir in den vergangenen Monaten gebrauchen können, dann müssten wir nicht schließen“, sagt ein Praktiker-Mitarbeiter frustriert. „Aber die meisten sind eben die Schnäppchenjäger, die auf solche Gelegenheiten warten.“

Die Mitarbeiter sind im Dauerstress. Für eine intensive Kundenberatung bleibt keine Zeit. Überall sind Menschen mit vollen Einkaufswagen zu sehen. 10 Prozent auf Werkzeuge, 20 Prozent auf Bad-Ausstattung und Gartenzubehör, bis hin zu 25 Prozent Rabatt für Eisenwaren, Tapeten oder Baustoffe.

„Ich renoviere gerade bei mir zuhause, da trifft sich der Abverkauf natürlich gut“, sagt Bernd Schwandorfski, der mit einem Einkaufswagen voller Wandfarbe das Geschäft verlässt. „Aber man hat auch ein schlechtes Gewissen, weil der Hintergrund ja ein sehr tragischer ist.“

Im Juli dieses Jahres meldete das Unternehmen Praktiker die Insolvenz an. Vergeblich wurde nach Investoren gesucht. In rund 50 Filialen wurde der Abverkauf bereits vollzogen. Am Freitag haben nun auch die restlichen 130 Märkte begonnen, ihre Waren loszuwerden.

Sarah Fischer ist seit Jahren regelmäßig Kundin: „Ich habe immer gerne hier eingekauft.“ Hanno Stahlholz hofft, dass bald ein neuer Baumarkt ansiedelt. „Wülfrath geht jetzt echt etwas verloren“, sagt er.

Für die Mitarbeiter bleibt die berufliche Zukunft ungewiss. „Wir haben keine Ahnung, wo es hingehen soll, ob wir übernommen werden oder uns eine neue Arbeit suchen können“, sagt ein Auszubildender. Viel Zeit für Zukunftssorgen bleibt ihm an diesem Freitag allerdings nicht. Der Besucherstrom ebbt auch im Laufe des Tages nicht ab. „Auf Wiedersehen. Auch beim nächsten Mal erwarten Sie unsere Services und Garantien“ heißt es auf einem Schild über dem Ausgang. Ein nächstes Mal wird es aber schon bald nicht mehr geben.