Ostern Werksverkauf von Osterleckereien lockt Schnäppchenjäger

Drei namhafte Süßwarenhersteller betreiben in Aachen jeweils einen Werksverkauf. Kurz vor den Feiertagen herrscht dort Hochbetrieb.

Foto: Bahlsen

Aachen. Majestätisch thront ein fast drei Meter hoher, aufblasbarer Goldhase an Seilen befestigt vor den Toren des Werksverkaufs der Firma Lindt in der Aachener Süsterfeldstraße und bildet einen markanten Blickfang an diesem regenverhangenen Dienstag. Jugendliche machen lachend Selfies vor der österlichen Kulisse in dem grauen Gewerbegebiet, während in reger Betriebsamkeit Menschentrauben, schwer bepackt mit glänzenden Tüten, den Ausgang passieren. Dabei wirkt der Gebäudekomplex im Speckgürtel der Stadt von außen auf den ersten Blick recht unspektakulär.

Foto: Bahlsen

Der Grund für den hohen Andrang dort ist kalendarischer Natur: Ostern steht vor der Tür und in dem industriell geprägten Viertel nahe der RWTH Aachen bieten die Süßwarenhersteller Lindt, Bahlsen und Lambertz jeweils einen Werksverkauf für Schokohasen, Nougateier, Kekse und Co. an. Während sich Lindt und Bahlsen unmittelbar gegenüber voneinander befinden, liegt das Werk des Aachener Traditionsunternehmens Lambertz etwa zehn Minuten zu Fuß entfernt. Ein wahres Eldorado für Naschkatzen, die kurz vor den Feiertagen die Gelegenheit nutzen, sich zu vergünstigten Preisen mit österlichen Leckereien einzudecken. Auch werktags herrscht hier in der Woche vor Ostern reger Betrieb — gleich kistenweise schleppen findige Schnäppchenjäger ihre Beute zum Kofferraum.

Foto: Kristin Dowe

Der Preisvorteil von teilweise über 30 Prozent Nachlass für falsch verpackte Pralinenschachteln oder anderweitig aussortierte B-Ware lohnt sich allemal, findet zumindest Jan Wessel, der in Aachen studiert hat. „Im Studium kann man sich die Produkte von Lindt kaum leisten, da greife ich eher zur günstigen Schokolade. Der Werksverkauf ist da schon eine gute Alternative, um auch mal bei den hochwertigen Markenprodukten zugreifen zu können“, sagt der 28-Jährige — und lädt sich noch ein paar süße Mitbringsel für seine Eltern in den Korb. In den Gängen schieben sich die Kunden dicht gedrängt durch die Gänge, die Mitarbeiter kommen mit dem Auffüllen der Paletten kaum nach. Mit einer einzelnen Tafel Schokolade verlässt kaum jemand das Geschäft — eingekauft wird hier vorzugsweise in Kisten.

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Das war nicht immer so. Ulrich Hanke aus Aachen kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, in denen Kunden nicht einfach komfortabel mit einem Einkaufswagen im Werksverkauf durch die Gänge schlendern konnten. „Früher gab es den vergünstigten Verkauf bei Lindt nur für das Personal. Da musste man schon Beziehungen haben und einen Mitarbeiter bitten, einem etwas mitzubringen“, erzählt der 66-Jährige.

Mittlerweile hat Lindt den attraktiven Markt allerdings erkannt und bewirbt den Werksverkauf in Aachen offen auf seiner Homepage. An die große Glocke hängen will der „Maître Chocolatier“ diesen Geschäftszweig offenbar dennoch nicht — jegliche Presseanfragen zum Fabrikverkauf blockt das Unternehmen konsequent ab. Auch bei Bahlsen und Lambertz setzt man beim Thema Outlet auf eine spärliche Kommunikationspolitik — Anfragen unserer Zeitung bleiben auch dort unbeantwortet. Bei Bahlsen aus Zeitgründen, heißt es.

Kein Zufall, sondern bei Lindt Teil der markenstrategischen Positionierung des Unternehmens, mutmaßt Ingo Markgraf, Professor für Wirtschaftspsychologie und Markenkommunikation an der Hochschule Macromedia am Campus Köln: „Bestimmte Marken möchten aufgrund ihres Selbstverständnisses nicht mit Preisreduktionen in Verbindung gebracht werden. Da gehört ein Unternehmen wie Lindt als Hersteller hochwertiger Schokoladenprodukte sicherlich dazu. Lindt glänzt schließlich immer golden.“

Denn vor allem zu hohen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern greifen die Verbraucher gerne zu teureren Markenprodukten, beobachtet Markgraf: „Gerade bei Geschenken bringt man mit einem Markenprodukt ja auch eine gewisse Wertschätzung zum Ausdruck. Da verschenke ich zum Beispiel eher eine Tafel ,Merci’, wenn ich mich für etwas bedanken möchte, und weniger die No-Name-Schokolade.“

Michael Rewald, Geschäftsführer der Düsseldorfer Werbeagentur Grey, ergänzt: „Das Konsumverhalten hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert und der Online-Handel macht dem stationären Konkurrenz. Amazon lässt grüßen.“ Tatsächlich gibt es auch im Netz ein breites Angebot an Osterprodukten.

Der Unterschied zum Einkauf vor Ort: Bei Lambertz stehen auch kleine Schälchen zum Probieren. Eine Versuchung, der eine Rentnerin sofort erliegt — ein schokoladiger Vorgeschmack auf Ostern.

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