Bürgerentscheid in Ratingen: Das alte Rathaus polarisiert

Knapp 4900 haben sich schon entschieden. Über die Sanierung wird seit Jahren debattiert.

<strong>Ratingen. Der Countdown läuft: Am kommenden Sonntag gegen 19 Uhr steht fest, ob überhaupt und welche Zukunft das Rathaus an der Minoritenstraße hat. Ein Stunde nach Schließung der Wahllokale soll das Ergebnis des zweiten Bürgerentscheides vorliegen. Knapp 4900 Ratinger haben bis gestern Mittag bereits per Briefwahl abgestimmt. Ob bis Samstag - dann schließt das Briefwahlbüro - eine ähnlich hohe Zahl an Briefwählern erreicht wird wie beim letzten Bürgerentscheid, darf allerdings bezweifelt werden. Im Jahre 2005 hatten letztlich rund 7800 Wahlberechtigte vorab ihr Votum abgegeben. Aus den bisherigen Zahlen aber irgendetwas über die Wahlbeteiligung oder gar das Stimmverhalten herauslesen zu wollen, wäre aber schiere Spekulation.

Das Thema Rathaus ist fast schon
zur Glaubensfrage geworden

Tatsache ist: Das Thema Rathaus polarisiert wie kaum ein anderes in der Stadt. Seit Jahren wird um den richtigen Weg gestritten, um die zukunftsweisenden Entscheidungen gerungen. Inzwischen scheint die Frage Sanierung oder Neubau bei vielen zu einer Art Glaubensfrage geworden zu sein: Jedes Argument der Gegenseite fordert ein Gegenargument heraus, ein Faktum ruft gleich mehrere Zweifel und Gegenfragen hervor. Fast jede im Stadtrat vertretene Partei veranstaltet Stammtische sowie Infostände zum Bürgerentscheid und verteilt dazu noch Flugblätter. Auch die Stadtverwaltung hatte schon zum großen Infoabend eingeladen (wir berichteten). Beim Bürgerentscheid am Sonntag geht es um die Kernfrage: Neubau eines Rathauses in der Innenstadt oder Sanierung des alten? Formaljuristisch ist eine solche Formulierung zwar nicht zulässig, weil man nur mit "Ja" oder "Nein" antworten darf. Die Ratsfraktionen haben aber inzwischen durchgehend signalisiert: Will die Mehrheit der Bürger keinen Neubau, dann wird das alte Rathaus saniert.

Über die Sanierung des Bauwerkes an der Minoritenstraße wird seit Jahren debattiert. Als Kosten werden mittlerweile 22,4 Millionen Euro veranschlagt. Dafür gäbe es ein kernsaniertes Gebäude, das - wie die Experten immer wieder versichern - technisch und energetisch auf einem zeitgemäßen Stand wäre.

Befürworter der Sanierungslösung argumentieren vor allem mit den geringeren Kosten gegenüber einem Neubau. Kritiker führen die angebliche Unkalkulierbarkeit einer Sanierung ins Feld und weisen auf die städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten hin, wenn das Areal nicht durch das alte Rathaus blockiert wäre.

Erste Debatte Nachdem man erhöhte PCB-Werte und einen unzureichenden Brandschutz festgestellt hatte, begann Ende der 90er-Jahre die Debatte um das Rathaus. Damals schätzte die Verwaltung die Sanierungskosten auf 2,4 Millionen Euro.

Neue Schätzung Der damals frisch gewählte Baudezernent Ulf-Roman Netzel rechnete 2001 mit Sanierungskosten von 13 Millionen - und bekam dafür Hiebe von der Politik.

Kostenermittlung 2002 ließ der Stadtrat die Kosten für Sanierung und Modernisierung ermitteln und Neubauvarianten entwerfen. Ergebnis: Sanierung elf Millionen, Neubau 24 Millionen.

Neubaubeschluss Mit klarer Mehrheit beschloss der Rat im April 2005 deshalb Abriss und Neubau. Der Beschluss wurde durch den Bürgerentscheid im Juli aber aufgehoben.

Neue Zahlen Das Büro RKW erstellte daraufhin einen detaillierten Sanierungsplan: Basissanierung plus Modernisierung kosten rund 22 Millionen Euro. Im September 2006 lässt der Stadtrat auch zwei Neubauvarianten durchrechnen: Kosten 26,9 Millionen Euro (Stadthalle) und 26,5 Millionen Euro (Stadionring).