Debatte: Wie viel Lokalkolorit ist nötig?
Bürgermeister Stefan Freitag hält die Einteilung der Stadtbezirke für überholt und will eine Debatte über die Identifikation als Gesamtstadt anregen.
Velbert. Die Bezirksausschüsse abschaffen, aber die Bürgerbeteiligung nicht einschränken — dafür spricht sich Bürgermeister Stefan Freitag aus. In einem Pressegespräch kündigt er an, dieses Themenfeld zu einem seiner Schwerpunkte in diesem Jahr machen zu wollen. „Brauchen wir nach 37 Jahren noch Stadtbezirke? Wie viel Lokalkolorit ist nötig? Wann führt Lokalkolorit zur Spaltung?“
Diese Aspekte will Freitag diskutieren, den Verzicht auf Bezirksausschüsse (BZA) nicht auf die finanzielle Komponente reduziert wissen. Seine Kernfrage lautet daher: „Wie viel Identifikation haben die Velberter mit ihrer Gesamtstadt?“
Als Stadtkämmerer Sven Lindemann und Bürgermeister Freitag Ende vergangenen Jahres mit der Einbringung des Etatentwurfes 2012/13 die Aufgabe der BZA erneut aufgenommen hatten, blieb der Aufschrei nicht aus. UVB und Die Linke zum Beispiel befürchteten Demokratieabbau durch weniger Bürgerbeteiligung in den Stadtteilen — zum Nachteil von Neviges und Langenberg. „Die Kritik aus der Politik habe ich vernommen. Aber aus der Bürgerschaft habe ich auch Zustimmung erhalten“, sagt Freitag.
Er mahnt ein Umdenken an. „Es ist falsch zu sagen: Da oben auf’m Berg tut sich viel. Sondern: Es tut sich viel in unserer City.“ Denn das sei inzwischen klar: „Es gibt eine City und zwei Nebenzentren.“
Und alle müssten die gleichen Interessen haben. So solle ganz Velbert vom Marktzentrum profitieren. Das gelte auch für das Bürgerhaus. „Das ist kein Langenberger Thema, das an der Hauptstraße aufhört“, sagt Freitag. Das Land messe dem historischen Gebäude NRW-weite Bedeutung bei, merkt der Verwaltungschef an — und fügt hinzu: „Auch das Schloss Hardenberg geht uns alle an.“
Am 19. Januar wird Bürgermeister Freitag Gast im BZA Neviges sein. Er wolle in der Sitzung ein Impulsreferat halten, kündigt er an. In dem werde er nicht nur über den Standort Neviges und dessen Entwicklungschancen reden, sondern allgemein über das Thema Stadtbezirke.
„Und danach soll es in dem Gremium Raum zur Diskussion geben.“ Freitag betont dies ausdrücklich, weil die Satzung einen Dialog zwischen Ausschussmitgliedern und Verwaltung auf der einen und Besuchern auf der anderen Seite nicht vorsieht. „Auch deshalb bin ich für eine andere Form der Bürgerbeteiligung.“
Regelmäßig — mindestens einmal im Quartal — könnten Gesprächsforen stattfinden, an denen alle Parteien beteiligt sind. „Dafür brauchen für keinen BZA“, ist Freitag sicher. Diese Foren könnten dann gezielt in „tatsächliche Stadtteile gehen“. Diese hätten mit den Stadtbezirksgrenzen von vor 37 Jahren nichts mehr gemein: „Schon zwischen Tönisheide und Neviges sind die Positionen und Themen manchmal unterschiedlich.“
Wichtig sei aber auch, unterstreicht Freitag, den Menschen in den heutigen Bezirken glaubwürdig zu vermitteln, dass die Kommune sie gleichberechtigt im Blick habe. „Wenn wir Angebote zentralisieren, heißt das nicht automatisch, dass es diese nur in Mitte geben wird. Wenn der Standort passt, kann eine Velberter Zentralisierung auch in Neviges oder Langenberg erfolgen“, sagt der Bürgermeister.