Diagnose- und Therapiezentrum: 50 Familien auf der Warteliste
Das Diagnose- und Therapiezentrum fühlt sich von der Stadt ausgegrenzt. Zugesagte Bezahlungen werden nicht eingehalten.
Velbert. Das Schreiben ist ein Hilferuf: „Wir bitten Sie darauf hinzuwirken, dass in Velbert in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Träger und dem freien Träger der Jugendhilfe Hilfe für Kinder e.V. die geltenden Gesetze eingehalten werden.
Dies ist unserer Einschätzung nach derzeit nicht der Fall.“ In einem Brief an die Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses macht Hannelore Aretz ihrer Enttäuschung Luft.
Die Vorsitzende des Vereins Hilfe für Kinder beklagt, dass trotz anderslautender Zusagen die Stadtkeine Fälle des Ambulanten Diagnose- und Therapiezentrums mehr finanziere. 50 Familien stehen allein seit Beginn dieses Jahres auf der Warteliste.
Das Ambulante Diagnose und Therapiezentrum für Kinder, Jugendliche und Familien ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte, die in ihrer Startphase auch von der Stadt Velbert gestützt wurde. Das Zentrum liefert eine niedrigschwellige Anlaufstelle für Kinder und Familien, die aus unterschiedlichen Gründen in ihrem Lebensalltag eine Hilfestellung von außen benötigen.
Diplom-Psychologe Dr. Fritz Pellander leitet das Zentrum. „Wir nehmen die ganze Familie in den Blick“, sagt er im Gespräch. Ein Ziel sei es, die Familie zu erhalten. In Zeiten, in denen der Kommune die Kosten für die Hilfe zur Erziehung für die stationäre Unterbringung von Kindern im hohen sechsstelligen Bereich davonlaufen — wie unlängst Kämmerer Lindemann beklagte — ist das ein durchaus kostensenkender Ansatz.
Nach dem Start des Zentrums im August 2008 hatten Stadt und Verein eine zweijährige Pilotphase vereinbart. Bis Ende 2010 wurden 500 Fälle behandelt. Die Universität Wuppertal hat die Arbeit wissenschaftlich begutachtet, diese mit Lob überschüttet und die Bedeutung für die Gesellschaft herausgestellt.
Rund 250 000 Euro kostete diese Phase. „Das Geld wurde allein über Spenden gesammelt“, betont Aretz gegenüber der WZ. Diese Jahr aber sollte auch die öffentliche Hand eingreifen.
Auch gegenüber der WZ hatte Sozialdezernent Holger Richter die Arbeit in diesem Januar gelobt. „Die Einrichtung ist ein sinnvolles Element im Netzwerk, das wir bewahren wollen.“ Eine Einzelfallabrechnung kündigte er an. das habe er auch dem Verein zugesagt, so Aretz. Doch Taten sind nicht gefolgt.
Mittlerweile stehen 50 Fälle auf der Warteliste: „Die Situation ist sowohl für die Velberter Kindern und Familie als auch für uns sehr belastend“, so Aretz. Die Bearbeitung dieser Fälle erfolge vom Jugendamt durchweg hemmend. Velberter würden regelrecht von Antragstellungen abgehalten.
Aretz und Pellander verstehen diese Haltung nicht. In anderen Städten machen sie andere Erfahrungen — sei es Wülfrath oder Heiligenhaus: „Wir haben nirgendwo Probleme.“
Im Süden des Kreises, in Monheim, wurde in dieser Woche sogar eine Dependance des Therapiezentrums eröffnet. Aretz: „Ein anerkanntes und wissenschaftlich evaluiertes Angebot wird derzeit marginalisiert und ausgrenzt. Ohne erkennbaren Grund.“
Warum die Stadt ihre Zusage der Einzelfallfinanzierung nicht einhält? Auf eine entsprechende Frage der WZ gab es bis Montagabend keine Antwort.