„Die Politik wird dasEhrenamt weiter schwächen“

Flüchtlinge und Freiwillige: Wie geht es weiter? Sebastian Dahms, Einsatzleiter beim DRK, blickt für die WZ ins Jahr 2020.

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Wülfrath. Was erwartet Wülfrath 2020? Die Flüchtlinge, die in den Jahren der großen Flüchtlingsströme zu uns gekommen sind, werden auch bei uns bleiben. Dies wird ein Resultat daraus sein, dass die Politik es nicht schaffen wird, für Frieden in den betroffenen Regionen zu sorgen.

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Stattdessen wird es einen Zustand dauerhafter Instabilität geben, ähnlich wie im Irak oder in Afghanistan. Wir werden — hoffentlich — verstanden haben, dass das Recht auf körperliche Unversehrtheit ebenso groß ist, wie das Recht zu arbeiten.

Daher leistet 2020 die Mehrheit der heute als Flüchtlinge zu uns kommenden Menschen einen nicht unerheblichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Das hat unsere Position in Europa gestärkt und nicht, wie Kritiker behaupten, zu großen Problemen geführt.

Die befürchteten Konflikte zwischen den Kulturen sind weitestgehend ausgeblieben, denn die die gekommen sind, wussten vorher, dass Sie in ein christlich geprägtes Land flüchten. Sie haben sich an unser Leben angepasst und wir sind einen Schritt auf die „neuen Bürger“ zugegangen. Die Schattenseite wird sein, dass Instabilität und Krieg in anderen Regionen auch 2020 weitere Flüchtlingsströme auslösen. Das ursprüngliche Problem bleibt — die Menschen haben lediglich eine andere Herkunft.

Die Politik wird vor 2020 das Ehrenamt weiter schwächen. Aus falsch verstandener Rücksichtnahme. Institutionen wie die freiwillige Feuerwehr oder Ehrenamt im Rettungsdienst werden zunehmend durch fest angestellte Mitarbeiter ersetzt. Durch Gesetzesnovellen wie etwa das Notfallsanitätergesetz wird es zunehmend unmöglich, sich neben dem Beruf ehrenamtlich zu engagieren. Bis die Kostenlast uns alle zu erdrücken droht. 2020 sollte dann ein Umdenken einsetzen. Wir alle sind der Staat und nicht nur der fest angestellte Staatsdiener.

Ehrenamtliches Engagement in den Hilfsorganisationen wird erst dann wieder zu einer Säule in unserer Gesellschaft und attraktiv für jungen Menschen, wenn die gesellschaftliche Anerkennung auch in der Politik angekommen ist. Dass wir über genügend ehrenamtliches Potenzial verfügen, hat die Situation in der Notunterkunft in Wülfrath bewiesen!

Für das Deutsche Rote Kreuz wünsche ich mir mehr jugendliche Sanitäter, die dem gut aufgestellten DRK langfristig einen soliden „Unterbau“ garantieren. Eine Bevölkerung, die so hilfsbereit und engagiert bleibt, wie sie es in der aktuellen Flüchtlingssituation bewiesen hat. Politische Rückendeckung für das Ehrenamt und den Mut, bewährte ehrenamtliche Strukturen nicht durch Hauptamt zu ersetzen.

Aufgrund der Vielzahl der Projekte und Organisationen, die um Spenden werben, ist die Finanzierung der Hilfsorganisationen ein kritischer Punkt. Daher ist es für uns wichtig, dass die Bevölkerung wahrnimmt, was unsere Ehrenamtler für unsere Stadt leisten und uns unterstützen — nicht nur finanziell, sondern insbesondere durch Mitwirkung.

Insbesondere die Neufassung des Notfallsanitätergesetzes macht uns Sorgen. Zukünftig wird es notwendig sein, die Ausbildung zum Rettungsassistenten (jetzt Notfallsanitäter) in einer Vollzeitausbildung durchzuführen. Dadurch wird es massiv schwierig, diese Qualifikation ehrenamtlich neben dem Beruf zu erlangen.

Die Politik — auf Bundesebene — hat den Wert des Ehrenamtes und dessen Bedürfnisse in der Mitwirkung bei großen Schadenslagen noch nicht richtig erkannt. Dies spiegelt sich in der Gesetzesnovelle eindeutig wider.