Digitale Erinnerungen
Auf Anregung des Historikers Frank Overhoff ist das „Gedenkbuch für die Velberter Opfer des Nationalsozialismus“ geschaffen worden. Es steht im Internet.
Velbert. Seit Jahren forscht Frank Overhoff, Lehrer am Langenberger Gymnasium, über die Opfer des Nationalsozialismus in Velbert. Er hat Biografien von jüdischen Bürgern rekonstruiert und für Langenberg die Schicksale von Zwangsarbeitern und alliierten Soldaten aufgearbeitet.
Jetzt ist auf seinen Vorschlag hin ein „Gedenkbuch für die Velberter Opfer des Nationalsozialismus“ geschaffen worden — im Internet. Es ist ein offizielles Projekt der Stadt, das über die städtische Homepage aufgerufen werden kann und vom Stadtarchiv unterstützt wird.
Frank Overhoff ist es zum einen ein Anliegen, dass alle Opfer der NS-Diktatur — Juden ebenso wie Gewerkschafter, Theologen, Widerständler unterschiedlicher Motivation oder auch Behinderte — in die Erinnerung einbezogen werden.
Zum anderen sollen die Menschen nicht auf ihre aufgezwungene „Opferbiografie“ und auf Namen, Geburts- und Todesdaten reduziert sein. „Die Leute hatten ihre Lebensplanung, ihre eigene Geschichte, und sind dann, weil sie zum Beispiel jüdische Bürger waren, in die Fänge der Diktatur geraten.“
Ausdrücklich ist daher die Mitarbeit am Gedenkbuch erwünscht, in das bislang die von Frank Overhoff recherchierten Angaben zu etwa 200 Personen aus Velbert, Langenberg und Neviges aufgenommen wurden.
Zusätzliche Informationen und Materialien werden von der Projektgruppe „Gedenkbuch“ des Stadtarchivs entgegengenommen. „Ich kann mir vorstellen, dass das ein oder andere an Erinnerungen oder Fotos noch zusammenkommt“, sagt Overhoff.
„Es geht um kleine Mosaiksteinchen, auf die man sonst gar nicht stößt“, sagt auch Stadtarchivar Christoph Schotten. „Denn es waren ja ganz normale Leute, über die nicht viel festgehalten wurde.“ Gerade private Fotoalben sind für ihn daher „Schätze“, die oft von den Besitzern gar nicht so gesehen würden.
Sämtliche Materialien werden von der Projektgruppe „Gedenkbuch“ geprüft, bevor sie aufgenommen und online gestellt werden. „Das muss historisch schon Hand und Fuß haben“, sagt Overhoff. Vorbilder für das Projekt gibt es schon in anderen Städten, und der Historiker selbst hat diese Veröffentlichungen schon für eigene Nachforschungen genutzt.
Vor allem aber sollen die Velberter selbst das Gedenkbuch nutzen, wünscht sich Frank Overhoff. „Es ist eine Chance, sich mit diesen Menschen zu beschäftigen.“ Und vielleicht wird es dann doch noch mehr Informationen geben beispielsweise zu Martha Lazarus, die 1901 in Neviges geboren wurde und 1943 im Vernichtungslager Sobibor starb.
Oder zu Hugo Israel, der 1891 in Langenberg geboren wurde, als Rechtsanwalt arbeitete, Hedwig Henrietta Johanna Israel heiratete, nach Wuppertal zog und 1944 im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurde.