Frohsinn ist kein Selbstläufer

Für die Karnevalisten wird es zunehmend schwer, die Säle zu füllen. Eine Ursachenforschung.

Velbert. Wie steht es um den Karneval in Velbert? Hat er seinen Zenit überschritten? Traditionsvereine wie die Fidelitas mit ihren legendären Herrensitzungen, Blau-Weiß oder Negerköpp sind verschwunden oder existieren bloß noch auf dem Papier. Nur vier Prunksitzungen und eine Kindersitzung stehen heute im Kalender der Velberter Gesellschaften, und selbst für sonst restlos ausverkaufte Veranstaltungen wie die der Gießer an diesem Donnerstag gibt es noch Karten.

Nach Ansicht der Karnevalisten gibt es verschiedene Ursachen: „Verändertes Freizeitverhalten und ein großes Karnevalsangebot im Fernsehen“, zählt Holger Engel, Vorsitzender des Festausschusses Velberter Karneval, auf. Dabei habe der Karneval in Velbert ein hohes Niveau. Aber das Geld sitzt auch nicht mehr so locker: „Die Leute sparen“, sagt sein Vorgänger Peter Kümmel, Vorsitzender der Gießer. Früher habe man sich gegenseitig besucht, drei Sitzungen pro Session waren normal. „Heute ist ein Paar schnell einen dreistelligen Betrag pro Abend los“, rechnet Michael Schmidt, Chef der Großen Velberter, vor.

Inhaltlich zeichnen sich zwei Richtungen ab: So präsentieren die Gießer seit Jahren mit großem Erfolg auswärtige Künstler. Dagegen bestreitet etwa die KG Urgemütlich das Programm nicht weniger erfolgreich mit Beiträgen vor allem aus den eigenen Reihen und mit viel Lokalkolorit. Das funktioniert auch in den Gemeinden — siehe Kolping- oder Pfarrkarneval in Neviges und Velbert — gut.

Entscheidend ist für Holger Engel aber der Stopp der Überalterung: „Wir müssen mehr für die Jugend tun“, sagt er nicht ohne Selbstkritik. Ein guter Ansatz sei das zum dritten Mal veranstaltete Gardefestival: „Da kommen jedes Jahr mehr Besucher.“ Wer wie Urgemütlich, Grün-Weiß Langenhorst und Große Velberter über die Garden Nachwuchs ziehe, sei gut aufgestellt.

Positiv sieht Engel auch die Neugründung der KG Alt-Langenberg und die erfolgreiche Wiederbelebung der Großen Velberter, die heute wieder hundert Mitglieder zählt. „Wir bieten aber auch zusätzlich Geselligkeit und Aktivitäten außerhalb des Karnevals“, sagt Michael Schmidt.

Der Erfolg des Rosenmontagszugs ist dagegen nach Schmidts Ansicht — er ist auch Zugleiter — vor allem wetterabhängig: „Letztes Jahr hatten wir bei strahlendem Sonnenschein so viele Besucher wie seit etlichen Jahren nicht mehr.“ Sorgen bereiten ihm eher die Zugteilnehmer. Es gebe kaum mehr Gelegenheiten zum Wagenbau, zudem habe 2011 die zeitweilige Unsicherheit durch neue Sicherheitsauflagen gebremst. Damit der Zug größer als letztes Jahr wird, bemühen sich die Organisatoren verstärkt um Sportvereine, Schulen und Kindergärten als Teilnehmer.

Auch Carl-Frank Fügler kann über die Resonanz beim Zug auf Tönisheide nicht klagen. Seine Zylinderköpp lassen die Wagen in diesem Jahr erstmals schon am Sonntag rollen (WZ berichtete).