Ehrenamtsbörse: Die Jugend sucht sich Projekte
Bei der 5. Ehrenamtsbörse ging es auch um die Frage, wie sich Engagement verändert.
Velbert. Während im Foyer des Forums Ehrenamtler Broschüren und Werbeflyer verteilen, hat es sich eine Gruppe eine Etage höher gemütlich gemacht. In Piratenmontur sitzt Käpt’n Alexandra Bongers an einem Tisch und liest aus einem Buch vor. Um sie herum haben sich einige Jugendliche im Halbkreis versammelt, manche in langen Gewändern und fantasievoll geschminkt, andere in ganz normaler Straßenkleidung.
Der „Feldbrathi Fantasy Lesezirkel“ fällt bei der fünften Velberter Ehrenamtsbörse nicht nur optisch, sondern auch durch sein Konzept aus dem Rahmen. „Im Grunde machen wir Mini-Lesungen für die anderen von uns“, sagt Annabelle Killisch (15). Bei regelmäßigen Treffen stellen sich die Mitglieder gegenseitig neue Fantasy-Bücher vor und laden Autoren ein, um bei ihnen öffentlich zu lesen.
„Im Gegenzug tun wir dann etwas für den guten Zweck und spenden den Erlös“, sagt Alexandra Bongers, die den Zirkel 2009 gründete. Annabelle Killisch hatte sich zuvor nie ehrenamtlich engagiert und merkt: „Das macht wirklich Spaß und ist mal was ganz anderes gegenüber dem, was wir sonst machen.“
Der Feldbrathi Fantasy Lesezirkel steht stellvertretend für eine neue Form des Ehrenamts, das die klassischen Angebote von Chören, Sozialverbänden und anderen Vereinen ergänzt — und mit ihnen konkurriert. So auch mit dem bereits 1953 gegründeten Motorsport-Club Neviges-Tönisheide. Dessen Vorsitzender Wolfgang Maiwald sagt daher auch: „Das Angebot für Jugendliche ist bedeutend größer als noch vor einigen Jahren.“ Da der Motorsport zudem sehr viel koste, müsse man sich als Verein besonders anstrengen: „Unseren Nachwuchs gewinnen wir heute hauptsächlich durch das Ferienprogramm, bei dem wir an zwei Tagen Kartfahren anbieten.“
Auch bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Ehrenamt“ sind sich die Gesprächspartner einig, dass sich Verbände und Vereine künftig stärker um den Nachwuchs bemühen müssten. „Das Ehrenamt wird zunehmend projektorientierter. Wir müssen daher auch flexibler sein im Umgang mit Menschen, die sich nicht dauerhaft zu etwas verpflichten wollen“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese.
Pfarrer Peter Jansen fordert auch eine Kultur des Ausstiegs aus dem Ehrenamt, denn dieses könne kein zweiter Beruf sein: „Es darf nicht in Stress ausarten.“
Der CDU-Landtagsabgeordnete Marc Ratajczak verweist allerdings auch auf die persönlichen Chancen, die ein Ehrenamt bietet: „Man lernt, Verantwortung zu übernehmen und kann sich zusätzlich qualifizieren.“ Auch in einem anderen Punkt stimmen alle überein: „Das Ehrenamt ist ein Schatz unserer Gesellschaft“, sagt Kerstin Griese.