Eine ganze Stadt im Bücherfieber
Am 3. Juli lesen rund 40 Wülfrather an diversen Orten vor — selbst im Reisebüro, in einem Gewölbekeller oder am Krappsteich.
Wülfrath. Solch ein Vorlesefest hat es in Wülfrath noch nicht gegeben. Am Sonntag, 3. Juli, schlagen rund 40 Wülfrather im ganzen Stadtgebiet ihre Bücher auf und lesen Passagen daraus vor. Von 11 bis 17 Uhr dreht sich in Wülfrath dann unter dem Titel „Wülfrath liest vor!“ zum ersten Mal alles um die Gedankenwelt von Autoren wie Thomas Mann, Otfried Preußler oder J.K. Rowling.
Das Organisatorinnen-Team um Gudula Kohn (Gleichstellungsbeauftragte), Ina Reßler (Medienwelt), Andrea Gellert (Kulturbüro) und Andrea Pabst (Förderverein Bücherei) brachte den neuen Impuls nach Wülfrath. Die Idee ist aus Wuppertal entliehen, wo „Der Ölberg liest…“ zur Erfolgsveranstaltung geworden ist. „Ich habe den Vorschlag im Frauennetzwerk gemacht. Zunächst sollte nur Frauenliteratur gelesen werden“, berichtet Kohn. Doch schnell stellte sich heraus: Die Idee ist zu gut, um sie so eng zu fassen.
Durch einen öffentlichen Aufruf fanden sich schnell Vorleser aus der Bürgerschaft, die Lust hatten, Zuhörern ein Buch ihrer Wahl näher zu bringen. Dabei verknüpften die Organisatorinnen geschickt literarische Inhalte und Orte. So liest Doris Bonow etwa vor der englischen Telefonzelle am Ware-Platz aus der Originalversion des ersten Harry-Potter-Buches vor (11 und 12 Uhr). Kein Zufall ist es auch, dass Otfried Preußlers „Der Kleine Wassermann“ von Ute Küppers am Krappsteich zum Leben erweckt wird (11, 15 und 16 Uhr). Besonders stimmungsvoll: Für „Die Schreckensnacht“ von Anton Tschechow entführt Vorleser Heinz-Gerd Küster seine Zuhörer in den düsteren Gewölbekeller des Ehepaars Schönreich (16 Uhr, Ecke Hackestraße/Schwanenstraße).
Die Besucher haben die Qual der Wahl zwischen 40 Terminen — und dabei wird nicht nur in der Innenstadt gelesen. Der Weg durch die Welt der Literatur muss daher gut geplant sein: Vom Zeittunnel über den Roten Platz in der Ellenbeek bis zum Niederbergischen Museum locken quer durchs Stadtgebiet verteilt die interessanten Angebote.
An manchen Stationen wird nicht nur gelesen. Einen abwechslungsreichen Ausklang verspricht etwa um 16.30 Uhr Heiko Bennekes Beitrag aus der Biografie von Janis Joplin, zu der im Restaurant „Zum alten Rathaus“ passende Musik gespielt wird. Vorher steht dort bereits Schokoladiges auf der Speisekarte, denn Ulrike Platzhoff liest um 15 Uhr aus „Pabst Pius V. und die Schokolade“. Ebenfalls Anlaufstelle für Schleckermäuler ist die Wülfrather Medien Welt, die zwischen 11 und 17 Uhr zu Kaffee und Kuchen einlädt.
Besonders stolz zeigen sich Kohn und ihre Mitstreiterinnen, dass es sich bei „Wülfrath liest vor“ um eine Aktion handelt, die der „normale“ Wülfrather maßgeblich mitgestaltet — in vielen Fällen sind die Vorleser einfach Menschen aus der Bürgerschaft. Auch Flüchtlinge lesen vor: Vor der VHS am Ware-Platz hat Christel Gruner-Olesen (Inga) zwischen 12 und 17 Uhr ein buntes Programm mit den VHS-Deutschschülern zusammengestellt. Es gibt unter anderem eigene Gedichte der Flüchtlinge auf Arabisch, Lyrik des persischen Dichters Hafis und arabische Witze zu hören. Gurdula Kohn ist voller freudiger Erwartung: „Vielleicht wird das ja was, und wir wiederholen die Veranstaltung.“