„Ich kenne auch genügend 30-Jährige, die vergesslich sind“

Der Kursus Gedächtnistraining des Deutschen Roten Kreuzes beginnt jetzt in Wülfrath. Die ehemalige Kaufmännische Angestellte, Marie Liedloff (64), leitet das Angebot, bei dem geistige Fitness spielerisch trainiert wird. Ihr Credo: Wir alle sollten unser Hirn mehr fordern.

Foto: Andrea Warnecke/dpa

Frau Liedloff, wann haben Sie das letzte Mal etwas vergessen?

Liedloff Gestern oder heute, vielleicht? Das kann ich gar nicht sagen, es passiert eben. Perfekt bin ich nicht, dafür ist der Mensch vermutlich aber auch nicht geeignet.

Warum sollte ich trotzdem zu Ihrem Gedächtnistraining kommen?

Liedloff Das Training verhindert zwar nicht, dass wir etwas vergessen. Aber es kann den Geist im Ganzen wacher machen. Es ist doch so: Wenn sich der Mensch geistig beschäftigt, ist er viel präsenter und aufmerksamer.

Unsere Gesellschaft wird immer älter. Ist das ein Grund für zunehmende Gedächtnisprobleme?

Liedloff Nein, zumindest nicht ausschließlich. Ich kenne auch genug 30-Jährige, die viel mehr vergessen, als man meinen sollte. Es steckt im Allgemeinen, glaube ich, mehr dahinter. Wir sollten unser Gehirn mehr fordern.

Sie leiten den DRK-Kurs seit vier Jahren. Ist der Zulauf größer geworden?

Liedloff Das Angebot gibt es sogar schon seit 15 Jahren, die Gruppen sind mit bis zu zehn Teilnehmern immer gleich groß. Teilweise tauschen die Leute, aber es gibt auch einen kleinen Kreis, der regelmäßig und seit Jahren dabei ist.

Wer sind die Kursteilnehmer und welchen Hintergrund haben sie?

Liedloff Das Alter ist gemischt. Es fängt bei 55-Jährigen an und geht bis zur 80-Jährigen. Meist kommen Frauen, das muss man sagen. Und es sind sowohl Leute, die noch arbeiten, als auch Rentner. Man kann jederzeit einsteigen und mitmachen.

Kommen die Leute, weil sie Gedächtnisprobleme bei sich bemerken? Dinge vergessen?

Liedloff Man kommt nicht, wenn man ernsthaft erkrankt ist. Wir trainieren das Gehirn hobbymäßig und lernen spielerisch. Wir finden etwas über uns und das Denken im Allgemeinen heraus. Gemeinsamkeiten der Gedankengänge zu bemerken, das macht den Spaß aus.

Wie gut ist das Gedächtnis überhaupt trainierbar?

Liedloff Es ist viel besser trainierbar, als wir glauben. Im Alltag rufen wir nur einen geringen Teil dessen ab, was wir eigentlich können. Die geistige Fitness kann durch Spiele oder Rätsel trainiert werden.

Es gibt Eselsbrücken oder Tricks, sich durch Geschichten viel Dinge zu merken. Welche Tipps vermitteln Sie im Kurs?

Liedloff Das Spiel Stadt, Land, Fluss ist ein Klassiker in der Stunde, um das Gehirn ein bisschen anzuregen. Oder wir suchen Wortfamilien. Beispielsweise der Begriff ,Hand‘. Die Aufgabe ist dann, weitere Worte zu finden, die mit ,Hand-‘ beginnen. Es sind oft 30 bis 40 Begriffe, die man alleine nicht finden würde.

Sie waren früher als kaufmännische Angestellte tätig. Wie sind Sie dazu gekommen, Gedächtnistrainerin zu werden?

Liedloff In einer Zeitung habe ich vor Jahren ein Kursangebot gefunden und habe dann bei der Volkshochschule Kurse belegt. Ich bin dann aus Interesse dabei geblieben, und ich tüftele gerne, habe Spaß daran, das Gedächtnis auf Vordermann zu bringen.

Was erwartet denn die Besucher bei dem Schnupperkurs?

Liedloff Wer kennenlernen und sehen möchte, was wir machen, der sollte einfach vorbeikommen. Es wird Rätsel, Quiz und gemeinschaftliche Denkspiele geben.