Neviges Kartoffeln kämpften um eine Prinzessin
Neviges. · Beim Kultursommer am Schloss ging es ums Schmecken, Essen und guten Jazz – sehr zur Freude der zahlreichen Gäste.
Die Band hatte nach der Pause wieder angefangen zu spielen, als Hans-Günther Steinhauer mit zwei Fläschen Pils zu seinem Platz ging: „Tolle Sache, schöne Atmosphäre und eine gute Akustik“, begeisterte sich der ehemalige Velberter Stadtdirektor über die Jazz-Matinee, die er mit weit über 300 weiteren Musikfreunden an der Vorburg
genoss. Die „Jon Boutin Band“ aus Kaarst hatte das „Great american songbook“ aufgeschlagen und spielte Melodien von Frank Sinatra, Nat King Cole, Johnny Merce und anderen mit einem Klang, der das Publikum in beste Sonntagslaune versetzte. Die Zuhörer hatten es sich bequem gemacht. „Zuerst sind immer die Liegestühle weg“, hatte die künstlerische Anja Franzel
beobachtet.
Neben der Musik gab es einige Köstlichkeiten zu genießen
In den Pausen stärkten sich die Freunde des gepflegten Jazz nicht nur mit kalten Getränken und warmen Getränken, sondern auch mit Blechkuchen, Grillwurst und kleinen Bratkartoffeln von dem Caterer Pilkens, der jetzt alle Veranstaltungen der Velberter Kulturloewen begleitet und der für Gastlichkeit in der Vorburg sorgt. Bereits am Samstag hatte das Nevigeser Unternehmen seine Freiluftküche heiß laufen lassen: Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur mit allen Sinnen“ drehte sich alles ums „Schmecken“. Aus dem Windrather Tal gab es unter anderem Flammkuchen aus Dinkelmehl, selbstverständlich stammten alle Zutaten von den Biohöfen zwischen Neviges und Langenberg, sogar das Holz, mit dem er Ofen beheizt wurde.
Elisabeth Hämel aus Gelsenkirchen zeigte den Niederbergischen, dass das Ruhrgebiet viel geschmackvoller als sein Ruf sein kann. So kam „Emscherwasser“ ganz klar und hochprozentig daher, „Körriwurst“ gab es in der Dose, dazu „Koks“, der süchtig macht. Es handelte sich nicht um eine stimulierende Rauschdroge, sondern um die Würzmischung, die eine Currywurst so unwiderstehlich werden lässt. Wer die Pommes dazu originell mineralisieren möchte, nimmt am besten Grubensalz, eine Gourmentzutat, die durch Aktivkohle tiefschwarz ist und sogar von Spitzenköchen empfohlen wird. Am langen Tisch konnten die Besucher mit verbundenen Augen ihren Geschmackssinn testen: „Cornflakes, Popcorn, Oliven, Johannisbeeren, Möhren – ich habe alles erkannt, auch die Rote Beete, ich eigentlich überhaupt nicht mag“, so die ehemalige Nevigeserin Melanie Baumann, die jetzt in Wuppertal lebt.
Neben vielen weiteren süßen und herzhaften Geschmackserlebnissen bot das Krokodiltheater einen spannenden kulturellen Leckerbissen mit Kartoffeln an, die nicht zum Essen, sondern zum Anschauen waren. Schauspieler Max Schaetzke kündigte eine Rittergeschichte mit zwei Knappen, einer Prinzessin und dem „original Hardenberger Drachen“ an. „Den Kindern sollte man bei bestimmten Szenen die Augen zuhalten.“ Ein wohlgemeinter Rat: Die Kartoffeln, die Schaetzke und seine Kollegin Hendrikje Winter auf ihren behandschuhten Hände ganz schnell zu handelnden Personen werden ließen, entpuppten sich zu kampfbereiten Streithähnen, wobei auch Küchengeräte zum Einsatz kamen. Die Kartoffelpresse mutierte zu einem Drachen. Einem Ritter wurde die Kartoffelnase abgeschnitten, der Vater der Prinzessin wurde erstochen, dramatische Szenen, weshalb einige der jüngsten Zuschauer in Tränen ausbrachen. Am Abend servierte Hendrikje Winter wegen des Wetters im Theatersaal eine Kochshow der etwas anderen Art: „Henriette am Herd“ würzte ihre Menü mit viel schwarzen Humor und Witz, wo unter anderem aus einer Aubergine mal eben ein Mobiltelefon wurde.