Mein erstes Date mit Wülfrath
Jennifer Fortmann war noch nie in der Kalkstadt. Die WZ schildert die Eindrücke ihres allerersten Besuchs.
Auf der Fahrt durch Wülfrath wird Jennifer Fortmann ein wenig grün im Gesicht. Dafür kann die Stadt nichts. Die Niederrheinerin ist das ewige Auf und Ab der Straßen, das östlich von Düsseldorf keinen Fahrer mehr stört, einfach nicht gewohnt. „Ganz schön bergig hier“, sagt die 30-Jährige und schaut erwartungsvoll aus dem Fenster in eine unbekannte Stadt.
Zu Besuch im
Neanderland
Wülfrath? Den Namen hat sie schon einmal gehört, doch ansonsten hat sie keine Anknüpfungspunkte an die Stadt. Kalkabbau, Zeittunnel, Claudia Panke — alles unbekannt. Noch ist Wülfrath ein unbeschriebenes Blatt im Kopf der Krefelderin, das mit dem ersten Spaziergang über die Wilhelmstraße langsam gefüllt wird.
Der erste Eindruck ist positiv. „Das ist echt schön hier“, sagt sie mit Blick auf die Fachwerk-Häuschen. „Das erinnert mich an Uerdingen.“ Schnell ist Fortmann im Erkundungsmodus und verschwindet plötzlich in einer Häuserlücke. Sie hat den Kirchplatz gefunden, der es ihr besonders angetan hat. „Hier würde ich gerne einen Kaffee trinken“, sagt sie.
Den gibt es dann im Café Schwan. Dort legt sie die Stirn in Falten: „Mich wundert es, dass der historische Ortskern nicht besser beworben wird.“ Das Auto steht schließlich auf dem Diek, einen Platz, der die Touristin nicht gerade zum Verweilen einlud. Ohne Führung hätte sie vielleicht gedacht: Anger-Markt, Kreis-Sparkasse, Kiosk — das ist Wülfraths Innenstadt.
Ihr Fazit zur City: Hier könnte sie sich vorstellen zu wohnen. Aber nicht unbedingt einzukaufen. Sie sagt: „Klar, für den täglichen Bedarf gibt es hier alles. Aber zum Klamotten-Shoppen fahren doch die Frauen in meinem Alter woanders hin, oder?“ Noch mehr Aufenthaltsqualität entdeckt Fortmann am Krappsteich: „Hier würde ich mich mit einem Buch hinsetzen.“ Dann rümpft sie die Nase: „Allerdings müffelt das Wasser ein bisschen.“ Einen noch besseren Leseplatz entdeckt die Touristin im Stadtpark. Natürlich erst nach einem — für Niederrhein-Verhältnisse — kräftigen Aufstieg.
Den Zick-Zack-Weg beäugt sie skeptisch: „Gehen da nicht die Leute alle geradeaus über die Wiese?“ Wie zur Bestätigung hüpft ein kleiner Junge über das Gras, das langsam nicht mehr verhehlen kann, dass viele diese Abkürzung nehmen. Der weitläufige Park gefällt Fortmann sehr gut, auch wenn sie angesichts der Topographie anmerkt: „Das stelle ich mir hier für die Älteren aber anstrengend vor.“
Ortswechsel: Fortmann findet sich vor einem ominösen Tunnel wieder, aus dem kühle Luft weht. Als sie herausfindet, was im Inneren auf sie wartet, ist sie Feuer und Flamme: „Ich mag Geologie und Urgeschichte.“ Die Ausstellung des Zeittunnels macht ihr dementsprechend Freude. „Wülfrath lag einmal am Meer?“, wundert sie sich und entdeckt kurze Zeit später die Dinosaurier-Fußspuren im Boden: „Solche Details liebe ich ja.“ Auch die Fotoausstellung in der Röhre trifft ihren Geschmack, ebenso wie die Brücke, die das Museum zum Kalkabbau schlägt. Und am Ende des Tunnels wartet auf Fortmann noch eine große Überraschung. Als sie auf der Aussichtsplattform steht und in den canyonartigen Bochumer Bruch schaut, macht sie große Augen: „Wow, das hätte ich nicht erwartet.“ Wülfrath ist offenbar für eine Überraschung gut.