Raderdoll in Tönisheide
Der Umzug fand erstmals am Sonntag statt — mit mehr Wagen, mehr Fußgruppen und der „Carnival Queen“ aus Corby.
Tönisheide. Kamelle op Tönisheid‘ — dort feierten am Sonntag rund 4000 Jecken ausgelassen den Karnevalszug als Höhepunkt der Session. Erstmals fand die Parade am Sonntag statt, und damit ist man offensichtlich nicht schlecht gefahren. „Mit 25 Wagen und Gruppen haben wir sieben mehr als im Vorjahr“, sagte Carl-Frank Fügler, Vorsitzender der KG Zylinderköpp, voller Freude.
Zum karnevalistischen Treff hatte sich der Kirchplatz zunächst nur langsam gefüllt. Dort schunkelten sich die Narren warm, stärkten sich bei Würstchen und heißen Getränken — mit und ohne Schuss.
Doch während sich die Wagen an der Milchstraße formierten, füllten sich fast schlagartig die Straßen. Und als sich der Lindwurm aus Wagen und Fußgruppen auf den Weg machte, standen kleine und große Jecken dicht gedrängt an Nevigeser, Wülfrather und Kuhlendahler Straße.
Zugleiter Detlev Lemberg führte die Karawane an — mit dem gleichen hölzernen Bollerwagen, der schon vor 40 Jahren beim ersten Tönisheider Rosenmontagszug die Spitze bildete. Den neuen Panoramaradweg nahm die KG Zylinderköpp mit ihrem Motto auf die Schippe: „Wir beleuchten den Radweg, denn wir sind raderdoll!“
Passend dazu die „KAB-Cats“: „Wir schlagen die besten Räder“, ließ die Kindertanzgarde verlauten. „Sister Act“ hatte die Große Velberter ihren Wagen getauft, und schon von weitem war erkennbar, wenn die Nonnenschar auf dem Anhänger ihre Tanzeinlage vortrug — das Gefährt schaukelte gewaltig mit.
Premiere feierte die erst 2011 gegründete Alt-Langenberger Karnevalsvereinigung: „Das ist unser erster Zug“, sagte Vorsitzender Volker Münchow, der mit seinem Team stolz den eigenen Wagen präsentierte. Das Motto: „Wir ziehen den Karren selber aus dem Dreck“.
Was auffiel, waren die zahlreichen Fußgruppen, die teilweise zum ersten Mal am Zug teilnahmen. Vom Nevigeser Fanfarencorps bis zur Grundschule — fast 50 Kinder führten als Sambazwerge alle erdenklichen Schlaginstrumente mit. Union Velbert hatte seine jüngsten Fußballer entsandt, und der NTV war im Jahr seines 150-jährigen Bestehens nicht nur mit seiner Turnriege, sondern auch mit einem Schneepflug erstmals vertreten.
Die bunte Mischung kam an: „Schön, dass so viel Fußvolk aus den Vereinen dabei ist“, sagte Katharina Krichel. Auch der Wechsel auf den Sonntag fand seine Anhänger. „Das ist für uns weniger Stress“, sagte Lothar Krüger, Chef der Karnevalisten vom Dalbecksbaum. So bliebe nach dem Umzug oder am Montagmorgen Zeit, den Wagen wieder herzurichten.
Viele im Publikum sahen es ähnlich: „Viele müssen am Montag arbeiten“, sagte Peter Becker — und wer frei hat, könne halt zweimal feiern. Dagegen fanden Thomas und Conny Breuer den Montag besser. „Dann hätte man etwas mehr Zeit zum Erholen“, sagte die Tönisheiderin schmunzelnd und erinnerte damit an die Karnevalsparty vom Vorabend.
Ein Erlebnis war der Umzug auch für Kayley MacLeod, „Carnival Queen“ der Partnerstadt Corby, und ihr Gefolge. Sie fuhr mitsamt Hofstaat auf dem Wagen der Großen Velberter mit. „Aufregend, völlig anders als zu Hause, ein Riesenspaß“, beschrieb die 17-Jährige ihre erste Teilnahme an einem deutschen Karnevalsumzug. Wie man „Helau“ ruft, hatten die jungen Damen schnell heraus.
Auch Bürgermeisterin Gail McDade war erstmals in Velbert und völlig begeistert. Ihr gefiel, dass — anders als in England — nicht nur die Gruppen auf den Wagen, sondern auch die Zuschauer kostümiert waren. „Einen kleinen Eindruck, wie hier gefeiert wird, hatte ich ja schon durch die Karnevalisten aus Velbert erhalten, die uns jedes Jahr besuchen“, sagte das Stadtoberhaupt, das sich über den warmherzigen Empfang ihrer Delegation in der Schlossstadt gefreut hat. Auf ein Wiedersehen in Corby — für den dortigen Zug hat die Bürgermeisterin jetzt einige Ideen im Gepäck.