Ratingen: Haushalt - Ein Buch mit vielen Siegeln

Viele Ratsmitglieder müssen mit der neuen Buchführung erst noch vertraut werden.

<span style="font-weight: bold;">Ratingen. Was ist ein Doppischer Produktplan? Was sind Teilfinanzpläne, Kontenrahmen, Produktbereiche und -gruppen? Schon einmal davon gehört? Macht nichts, viele Ratsmitglieder auch nicht, obwohl sie sich eigentlich ab jetzt intensiv damit beschäftigen sollten. Die oben genannten Begriffe stammen allesamt aus dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF), das die bislang übliche Haushaltsführung ablöst. Doch viele Ratsmitglieder fahren beim Umgang mit dem NKF noch "ohne Licht".

Gewinn und Verlust statt Einnahmen und Ausgaben

Dreieinhalb Zentimeter dick, 1437 Gramm schwer und auf verschieden farbigem Papier gedruckt - das ist der Entwurf für den Haushaltsplan der Stadt für dieses Jahr. Die so genannte kameralistische Haushaltsführung, in der Einnahmen und Ausgaben gegenüber gestellt werden, gehört mit Einführung des NKF der Vergangenheit an. Der neue Haushalt basiert auf der kaufmännischen Buchführung, wo nach Gewinn und Verlust, Aufwand und Ertrag gerechnet wird. Im Vorfeld der NKF-Einführung haben die Stadtverwaltung und auch andere Institutionen verschiedene Einführungsvorträge und -seminare angeboten. "Ich bin in der glücklichen Position, das alles nicht neu lernen zu müssen", freute sich SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Wiglow. Als Mitarbeiter der Stadtverwaltung Düsseldorf ist er seit einiger Zeit mit dem NKF vertraut. Zudem hat er zur Vertiefung Seminare besucht. "Eine spannende Sache", findet er die neue Haushaltsführung. "Man kann jetzt bestimmte Aktivitäten besser bewerten und den Ressourcenverbrauch realer abbilden." Dass in seiner Fraktion nicht alle mit dem Haushaltsplan locker umgehen können, stört ihn nicht. "Unsere Aufgabe als Politiker ist es, Rahmen zu setzen und der Verwaltung Ziele vorzugeben. Dazu muss man nicht Finanzexperte sein." Er lobt ausdrücklich die Schnelleinführung ins NKF, die dem Haushaltsplan vorangestellt ist. "Das haben die super gemacht!"

"Ich bin Experte im Sozialbereich. Für die Finanzen haben wir unsere Fachleute: Vielhaus, Fahr, Jörgens - alle, die beruflich mit Geld zu tun haben." Dieter-Josef Rubner macht keinen Hehl daraus, dass er sich mit dem NKF nicht intensiver beschäftigen will. "Das muss ich nicht. Die Aufgaben in der Fraktion sind gut verteilt."

Horst Becker, FDP-Fraktionsvorsitzender, wusste sofort, dass die eingangs erwähnten Begriffe aus der kaufmännischen Buchführung stammen. Als gelernter Industriekaufmann, der noch eine Banklehre nachgeschoben hat, ist ihm das NKF bestens vertraut - und er freut sich darauf: "Es hat erzieherischen Wert beim Umgang mit dem Geld. Man sieht direkt, was weg ist und was bleibt." Auch andere Fraktionsmitglieder hätten sich fit gemacht: Werner Uferkamp sei als Selbstständiger eh mit dieser Buchführung vertraut, Hannelore Hanning habe Seminare besucht.

"Das sagt mir im ersten Moment gar nichts", reagiert Paul Feldhoff, Parteichef der Bürger Union, als er mit den Fachbegriffen konfrontiert wird. Dann tippt er aber richtig aufs NKF. "Einige in der Fraktion haben sich intensiv schulen lassen. Noch traue ich es mir nicht zu, den Entwurf völlig zu durchdringen. Ich kann zwar eine Bilanz lesen, aber nicht analysieren."

Susanne Stocks (Grüne) tippt bei den Fachausdrücken auf "Betriebswirtschaft". Damit habe sie sich auch während ihres Studiums (Ernährungswissenschaft) beschäftigen müssen. Für das NKF wolle sie aber noch eine spezielle Schulung besuchen. "Bei uns ist Hermann Pöhling der Finanzexperte", sagt die Fraktionsvorsitzende.

"Das sagt mir gar nichts", gibt Manfred Evers (Ratinger Linke) unumwunden zu. Seine Frau Gabi hat beim Arbeitskreis NKF eine intensive Schulung gemacht. "Sie hat auch zuhause bei den Finanzen das Sagen", scherzt er. Da er aber im Rat nicht seine Frau als Souffleuse habe, "muss ich mich einarbeiten."