Ratingen: Wer Licht will, muss drehen

Das Ehepaar Krull-Kosubek lebt in der Brücker Mühle und fühlt sich, als hätte es nie woanders gewohnt.

Ratingen. Wer die Schwelle überschreitet, betritt eine andere, fast museale Welt. Es knarrt, wenn man die schmalen Treppen empor steigt. Den Weg in die Küche versperrt eine gut 300 Jahre alte Holztür. Großgewachsene Menschen müssen schon mal den Kopf einziehen, damit’s keine Beule gibt, und wer den Blick zu Boden richtet, sieht in einem Raum Steinplatten - und im nächsten alte, liebevoll hergerichtete Holzdielen.

Die Brücker Mühle wirkt von außen wie ein typisches, sehr malerisches Fachwerkhaus. Und im Inneren? Ja wie eigentlich? "Besucher sagen uns öfter, sie fühlen sich wie in einem Museum", versucht Hausherrin Marie-Christine Krull-Kosubek zu erklären. Nur mit dem Unterschied, dass in einem normalen Museum niemand wohnt.

Marie-Christine und ihr Mann Norbert Kosubek zogen im Dezember 2006 in ihr "Schätzchen". Vorausgegangen waren gut dreieinhalb Jahre für die Sanierung. "Das Haus war ein Klotz", erinnert sich Krull-Kosubek an den ersten Eindruck. Vom Fachwerk war unter dem Putz damals kaum etwas zu sehen.

Verliebt hatte sich die 48-Jährige, die früher in Ratingen wohnte, auch erst in die bereits vor 20 Jahren sanierte Scheune. "Meine Großeltern haben schon in Fachwerkhäusern gewohnt und für mich kam eigentlich nie etwas anderes in Frage", sagt die Erzieherin, die schließlich auch ihren Mann, "ein Stadtkind", überzeugen konnte. Bis in die Eifel und ins Sauerland fuhr das Paar auf der Suche nach "ihrem" Fachwerkhaus. Zur Brücker Mühle kamen sie eher durch Zufall. "Ein Glückstreffer", sagen die beiden heute.

Vergessen die Zeiten der Renovierung, als auch schon mal "die Nerven blank lagen", was heute nur noch ein Schmunzeln hervorruft. "Als der Dachstuhl um 17 Zentimeter gerade gerichtet wurde, habe ich lieber nicht hingeschaut. Ich wollte nicht dabei sein, wenn alles zusammenbricht", sagt Krull-Kosubek.

Den ursprünglichen Charme wieder herzustellen, das hatten sich die neuen Besitzer zum Ziel gesetzt - eben nicht nur außen, sondern auch im Inneren, leicht schiefe Wände inklusive. "Das war halt so." Moderne Technik gibt’s natürlich. "Warum sollten wir auch darauf verzichten?", sagt Norbert Kosubek.

Doch fällt sie nicht direkt ins Auge - von der Küche und vom Flachbildschirm im Wohnzimmer vielleicht abgesehen. Die Möbel sind überwiegend alt oder auf alt getrimmt. Sogar die Lichtschalter versprühen einen Hauch von Nostalgie. "Wir haben alte Bakelit-Schalter verwendet, die werden mittlerweile wieder produziert." Wer Licht will, muss also nicht drücken, sondern drehen. "Wie bei unseren Großeltern."

Es sind die Details, auf die das Ehepaar Wert gelegt hat. So finden sich auch keine unschönen Heizkörper in den Zimmern, die Wärme strömt aus den Wandheizungen oder aus einem Ofen. Viel Herzblut floss bei der Sanierung ein. Vier Wohnungen waren zuletzt in das Gebäude gequetscht worden. So mussten Wände eingerissen, sämtliche Tapeten abgerissen werden.

Die Lehmarbeiten führten die beiden schließlich selbst aus - nachdem sie von einem Lehmbauer einen Kostenvoranschlag erhalten hatten. "Über Eigenleistung kann man viel Geld sparen. Die Technik haben wir uns dann selbst beigebracht." Wie viel die Mühle trotz aller Eigenleistung gekostet hat, will das Ehepaar nicht sagen.

Die beiden fühlen sich mittlerweile richtig wohl in ihrer Mühle, die so gar nicht nach Mühle aussieht. Ideen, was man noch machen könnte, sprudeln förmlich. Aber die Zeit, bedauern Norbert und Marie-Christine, die fehle eben - was nicht daran hindert, eifrig Pläne zu schmieden.

Eine Imkerei gibt’s bereits. Und bald soll auch ein Backhaus, wie es früher auf Dörfern üblich war, entstehen. Der Bezug zum Haus sei mittlerweile ein ganz besonderer, sagen die Hausherren. "Wir haben ja praktisch jeden Balken selbst abgeschliffen. Es ist, als hätten wir nie woanders gewohnt."