Velbert-Neviges Kirchenchor feiert am Reformationstag sein 125-jähriges Bestehen
Neviges · Mitglieder und Dirigentin loben die Atmosphäre des traditionsreichen Nevigeser Klangkörpers.
Gleich zwei runde Geburtstage gibt es beim evangelischen Kirchenchor Neviges zu feiern: Vor 125 Jahren gründete sich der Klangkörper, der seit zehn Jahren durch Anna Levina-Mejeritski geleitet wird. Elke Wallmichrath gehört dem Chor seit 60 Jahren an: „Nach der Konfirmation war ich zunächst im Jugendsingkreis. Als der sich auflöste, bin ich in den Kirchenchor eingetreten.“ Der hatte in den 50er Jahren seinen Höhepunkt mit gut 80 Aktiven, jetzt sind es gerade mal 20. Wie alle Chöre hat auch der Kirchenchor Nachwuchsprobleme, die Jüngsten sind knapp über 50, die älteste Sängerin ist 87 Jahre alt. Elke Wallmichrath kann das mangelnde Interesse nicht nachvollziehen: „Singen macht einfach Spaß und Singen ist gesund. Der Kirchenchor ist eine große Freundesgruppe, fast wie eine Familie.“ Sie und ihr Mann Klaus waren ganz traurig, als man sich wegen Corona nicht sehen konnte.
Jürgen Marckwort ist 1981 dazugestoßen, animiert durch seine Tochter Andrea. Die war zuvor Mitglied im Velberter Kinderchor und wollte wieder singen. „Dann geh doch in den Kirchenchor“, schlug der Vater vor. „Aber nur, wenn Du mitkommst.“ „Die Tochter ging, der Vater blieb“, blickt der heutige Sprecher des Kirchenchores zurück. Es war die Atmosphäre, die den ehemaligen Kinderarzt zum Bleiben bewog: „Es war einfach stimmig, man wurde nicht beäugt, sondern so mit allen Macken aufgenommen.“
Diese Atmosphäre, die von Anfang an stimmte, war es auch, die Chorleiterin Anna Levina-Mejeritski gleich bei ihrem ersten Probedirigat in den Bann zog. „Es war faszinierend, wie groß die Bereitschaft zum Singen war und wie schnell reagiert wurde – das war wie ein Geschenk.“ Die Musikerin siedelte mit 15 Jahren mit ihren Eltern von Moskau nach Deutschland über, konnte kaum Deutsch, begann trotzdem mit 16 Jahren ein Klavierstudium, dass sie mit Auszeichnung absolvierte. Sie schloss eine pädagogische Ausbildung an und ist seit 2009 Lehrerin am Berufskolleg Bleibergquelle. „Es wird nicht einfach vom Blatt gesungen, ich versuche immer die Musik zu gestalten“, beschreibt die Musikerin ihren künstlerischen Ehrgeiz. Nebenher leitete sie andere Chöre, so den Männergesangverein „Widerhall“ Tönisheide, deren Auflösung mangels Nachwuchs sie sehr bedauert: „Die hatten echt was drauf.“
Beim evangelischen Chor kommen auch die gemeinschaftlichen Unternehmungen nicht zu kurz. „Die letzte Tour ging von Mülheim mit dem Schiff die Ruhr hinauf bis zum Baldeneysee, wo wir abschließend mit der Museumsbahn gefahren sind“, erinnert Jürgen Marckwort an den gelungenen Ausflug vor der Pandemie. In der Zeit des harten Kontaktverbotes kam der Chor über das Internet zusammen, zumindest die Mitglieder, die über die technische Ausstattung verfügten. „Singen per Zoom war nichts, weil Vieles zeitversetzt rüber kam, das hörte sich eher wie ein Kanon an“, resümiert die Chorleiterin, die im Sommer die Proben in Präsenz wieder aufnahm, aber zunächst mit Abstand. „Da hörte man kaum den Nachbarn“, musste Elke Wallmichrath frustriert feststellen.
Beim Jubiläumsgottesdienst am morgigen Sonntag um 10.15 Uhr baut sich der Chor hinter dem Altar in der Stadtkirche auf: „Wir müssen vier Meter Abstand zur Gemeinde einhalten, Singen auf der Empore ist gar nicht möglich“, beschreibt Klaus Wallmichrath die Auflagen. Passend zum Reformationstag werden Stücke von Martin Luther gesungen: „Eine fest Burg ist unser Gott“ und „Erhalt uns Herr bei deinem Wort“; hinzu kommt ein modernes Stück. Nach dem Gottesdienst gibt es im Gemeindehaus einen Empfang, zu dem Vertreter des befreundeten Pfarr-Cecälienchores eingeladen sind. „Wir haben schon früh die Ökumene von unten begonnen“, bemerkt Jürgen Marckwort, der befürchtet, dass nicht viele von den Katholiken kommen: „Die begehen am Sonntag den Abschluss der Wallfahrtssaison.“