So ganz ohne Schule geht es nicht

Sigrid Duthe-Hebmüller war Lehrerin an der Lindenschule. Nach den Ferien kehrt sie als Freiwillige zurück.

Foto: Schule

„Es war ein sehr emotionaler Augenblick“, beschreibt Sigrid Duthe-Hebmüller ihre offizielle Verabschiedung in der Turnhalle der Lindenschule. Denn alle Grundschüler bildeten einen Kreis, in dessen Mitte die 64-Jährige Platz nahm. „Frau Duthe muss nun geh’n“, sangen die Kinder vielstimmig und dieser Moment war dann so „ergreifend, da ist es mir tatsächlich schwer ums Herz geworden.“

Dabei bleibt sie ihren Kindern noch immer erhalten. Denn auch, wenn sie offiziell Pensionärin ist, wird sie an ihrer Schule als so etwas wie Hausaufgabenhilfe im Freiwilligenforum tätig bleiben. „Lesen und rechnen üben, dort nachhelfen, wo es nötig ist, werden dann meine Aufgaben sein.“ Kinder liebt sie: „Es war immer das Schönste zu erleben, wie sich Vertrauen aufbaut und gelebt wird. Da bekommt man ganz viel zurück“.

Allerdings freut sich die Mutter dreier erwachsener Söhne nun auf ihren Lebensabschnitt, in dem der Alltag nicht mehr durch einen Stundenplan bestimmt wird. „Was das angeht, könnte ich singen vor Freude.“ Musikalisch aktiv will sie nicht nur im übertragenen Sinne werden. „Seit etlichen Jahre nehme ich Klavierunterricht. Nun komme ich endlich dazu, richtig zu üben.“ Bislang blieben die Etüden immer irgendwo auf der Strecke, mit Ruhe und Konzentration will sie das Thema nun hobbymäßig angehen. „Und ich habe Zeit, zu reisen“, gleich vier Ziele haben sie und ihr Mann ins Auge gefasst.

Sigrid Duthe-Hebmüller

Zunächst geht es in den Hunsrück, im September nach Mecklenburg-Vorpommern. „Darauf freue ich mich ganz besonders“, schwärmt sie über ein Bücherhotel. Mehrere Häuser eines vormaligen Gutshofs im idyllischen nirgendwo Güstrows wurden dazu umgewandelt. „Jeder Gast darf Bücher einstellen — und sich auch welche mitnehmen“. Vor Ort stehen neben ausführlichen Spaziergängen dann Literaturstunden auf dem Programm.

Übrigens ist das Bücherhotel auch ein beliebter Ort, um zu heiraten. „Aber wir frischen unser Gelöbnis nach über 40 Jahren nicht auf, das hält auch so.“

Neugierig zu sein und zu bleiben ist eines ihrer Rezepte für das, was gemeinhin „erfülltes Leben“ genannt wird. Und das drehte sich bei Sigrid Duthe-Hebmüller immer um Kinder. Mit dem Pädagogik-Studium hat sie ihren „Plan A umgesetzt, es gab keine Alternative“. Allerdings hatte sie ursprünglich an der Technischen Hochschule Aachen Mathe und Deutsch mit dem Ziel studiert, Realschullehrerin zu werden. „Aber dann erzählte mir eine Kollegin, wie schön es ist, Grundschullehrerin zu sein.“

Jenseits der Lobhudeleien informierte sie sich und beschloss: „Das ist das Richtige für mich!“ 1973 hatte sie ihren Abschluss in der Tasche, dann kam das Referendariat und an ihrem ersten Tag als richtige Lehrerin hatte „ich zwei Klassen á 35 Schüler in Wuppertal-Wichlinghausen“.

Ein enormes Pensum, auf das sie die Hochschulausbildung nicht vorbereitet hatte und in das sie sich durchs Tun gerne eingefunden hat. Nach zehn Jahren, in denen sie als Mutter voll ausgelastet war, kehrte sie für 18 Jahre in Rohdenhaus in den Schuldienst zurück. „Eine besondere Schule, dass sie geschlossen wurde, ging uns allen sehr nah.“ Dreieinhalb Kollegen unterrichteten damals vier Klassen, „es war eine ganz außergewöhnliche Zeit“, komplett fand der Wechsel aller Kollegen sowie aller Schüler zur Lindenschule statt.

„Früher hatten wir die Prüfung in der Tasche und freuten uns aufs Unterrichten und die Arbeit mit den Kindern. Heute haben die Kollegen so unendlich viel Schreibarbeit“, beschreibt sie wesentliche Unterschiede und „extreme Anforderungen“.

Diese Sorgen muss sie sich jetzt nicht mehr machen, als so etwas wie ein Joker ist sie jetzt als Ergänzungskraft im Freiwilligenforum. Und kann sich nach Herzenslust um die Kinder kümmern. „Darauf freue ich mich.“