Wülfrath/Velbert Spannende Lesetour führt durch das mittlere Angertal
Wülfrath/Velbert. · In dem Buch „Das Obere Angertal“ hat der Scala-Verlag die Geschichte von verlorenen Höfen nachgespürt, die zwischen 1940 und 1990 in einem Schlammteich versunken oder dem Kalkabbau gewichen sind.
Dazu hatten die Autoren Friedhelm Kopshoff, August Wilhelm Rees und Jürgen Scheidsteger die Geschichte des Angerbaches in diesem Gebiet dokumentiert, der überraschend verschwand und unter dem Namen „Eignerbach“ wieder auftauchte. Nun stellt Jürgen Scheidsteger zusammen zwei kenntnisreichen Mitstreitern „Das Mittlere Angertal“ von Wülfrath-Rohdenhaus über Heiligenhaus bis Ratingen vor.
Adolf Herrmann Mackrodt ist aufs engste mit dem Tal und seiner Bedeutung für den Kalkabbau verbunden. Er wuchs dort auf, sein Großvater Johann Lorenzet zog aus einem Dorf in den Dolomiten nach Hofermühle, wo er Arbeit in einem Kalksteinbruch der Rheinisch-Westfälischen Kalksteinwerke (RWK) fand und damit in der Region zu den ersten Gastarbeitern gehörte. Die katholischen Pfarrgemeinden nahmen die jungen Leute auf, Kalk baute Wohnungen, die Familien zogen nach, der Beginn einer beispielhaften Integration.
Der Enkel führte die Tradition fort, nach der kaufmännischen Ausbildung in der RWK-Hauptverwaltung und vielen Stationen beendete er seine Karriere als Verkaufsprokurist bei Lhoist und absolvierte ein Geschichtsstudium. Da liegt es auf der Hand, das Mackrodt als Experte in Sachen Kalk in dem Buch von der Entstehung bis zur der vielfältigen Verwendung des „weißen Golds“ ausführlich berichtet.
Auflistung umfasst beinahe 100 historische Objekte im Tal
Dabei wird die Entwicklung der Kalkverarbeitung im Bereich Hofermühle beleuchtet, die in der Heiligenhauser Heimatforschung eher stiefmütterlich behandelt wird. Nicht weniger interessant ist die Auflistung von beinahe 100 historischen Objekten in eben jenem mittleren Angertal. Diese Auflistung beginnt mit dem Hof Thielenhaus auf der Fläche des Silberberges in Rohdenhaus und endet mit dem Sackerhof in Ratingen, dort wo das Wasser der Anger in die niederrheinische Tiefebene übergeht und dem Rhein zustrebt.
Michael Lumer konnte als Vorsitzender des Vereins für Heimatkunde und Heimatpflege Ratingen sein lokal-historisches Wissen rund um das dortige Angertal einbringen. Dort wurde ebenfalls Kalk gebrochen und gebrannt, der bekannte Blaue See ist ein mit Grundwasser vollgelaufener Steinbruch, ebenso der Graue See, der zur Freilichtbühne wurde, auf der Schauspieler Pierre Brice als Winnetou gefeiert wurde.
Dank erfolgreicher Industriespionage in England ließ der Fabrikant Johann Gottfried Brügelmann 1783 in Ratingen die erste maschinelle Spinnerei, angetrieben durch die Wasserkraft der Anger, damit begann das Industriezeitalter auf dem europäischen Festland.