Velbert Strukturwandel braucht Flächen
Velbert · SPD diskutierte über Veränderungen und Herausforderungen bei der Arbeit in Velbert. Eine Erkenntnis lautete: Die Digitalisierung muss den Menschen dienen.
. Die Einbrüche in einigen Branchen und die Digitalisierung machen den Menschen Sorgen. Die SPD Velbert versuchte mit einer Podiumsdiskussion unter dem Thema „Wie arbeiten wir zukünftig in Velbert?“ eine gewisse Perspektive aufzuzeigen.
SPD-Ortsvereinsvorsitzender Rainer Hübinger blickte auf die Anfänge der Schloss- und Beschlagindustrie zurück, die als Nebenerwerb auf den Bauernhöfen entstand. Um 1900 kamen Gießereien dazu, die für die Bedürfnisse von Schloss- und Beschlag- und später für die Kraftfahrzeugindustrie produzierten. „Zahlreiche Busse aus dem Ruhrgebiet kamen nach Velbert, es gab mehr als 10 000 Einpendler“, erinnerte der Sozialdemokrat an die Zeiten vor der Strukturkrise in den 80er Jahren. „Von mehr als 30 Gießereien blieb eine übrig. Velbert kennt den Strukturwandel, ohne das Industriegebiet Röbbeck wäre der nicht möglich gewesen. Die einst modernen Betriebe stehen jetzt vor der neuen Entwicklung der Industrie 4.0. Auch Elektroautos brauchen Schließsysteme, aber dafür fallen andere Dinge weg, wie Getriebe oder herkömmliche Trommelbremsen, die millionenfach Velbert verlassen haben.“
Die Gießereien wurden mit Steuermitteln am Laufen gehalten
Mit Blick auf die Arbeitslosenzahlen in den 90er Jahren sieht Hübinger, dass sich nun etwas wandelt: „Die Firma Huf baut jeden fünften Arbeitsplatz ab, das geht noch sozial von statten – der Wandel ist mit den Händen greifbar, es wird weitere schlechte Nachtrichten geben.“ In den 90ern wurde versucht, die Gießereien mit Steuermitteln am Laufen zu halten. „So wie damals wird es nicht mehr gehen. Wir müssen schauen, dass wir neue Betriebe an den Start bekommen, der Strukturwandel braucht Flächen. Das wir keine weitere Flächen mehr brauchen ist ein Irrweg, den wir mit der SPD nicht gehen“, stellt der Parteichef fest und plädierte für die Erschließung des umstrittenen Gewerbegebietes Große Feld. „Wenn Huf ein Fünftel seiner Arbeitsplätze abbaut, heißt das nicht, dass ein Fünftel der Fläche nicht mehr gebraucht wird.“
Als Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit und Soziales ist Kerstin Griese am Wandel der Arbeit ganz nah dran. „Mit der Änderung der Demografie stellt sich die Frage, welche Arbeitsplätze wir brauchen, auch mit Blick auf die Rentensysteme. Die Wirtschaft muss nachhaltiger und klimafreundlicher werden müssen, das wird tiefgreifend sein. Schließlich wird die Arbeit durch die Digitalisierung umgekrempelt, sie soll dabei im Dienste der Menschen stehen. Als Bundesregierung wollen wir den Wandel gestalten. Daneben geht es darum, den Arbeitnehmer von heute fit für die Arbeit von morgen zu machen. Qualifizierung wird sehr bedeutend sein. Dazu gibt es steuerliche Mittel, gerade kleinere und mittlere Betreibe brauchen ein solchen Schub. Zu guter Arbeit gehören gute Löhne“, erläuterte die Bundespolitikerin.
Besondere Chancen für Tourismus und die Automobilzulieferer
Mit Argwohn stellte sie fest, dass sich immer mehr Branchen aus der Tarifbindung stehlen. Für die niederbergischen Automobilzulieferer sieht Kerstin Griese besondere Chancen, auch für den Tourismus im Kreis: „Eine wachsende Branche.“
Für Silke Iffländer, der stellvertretenden Geschäftsführerin der Gewerkschaft Verdi Rhein-Düssel-Wupper, waren einige Ausführungen der Bundespolitikerin Wasser auf die Mühlen der Gewerkschaften. Sie beklagte, dass die Entwicklung der Digitalisierung immer schneller wird. „Wir müssen die Potenziale nutzen, die dadurch freigesetzt werden.“ Eine Gefahr in der Digitalisierung sieht Silke Iffländer darin, dass die Mitbestimmung ausgehebelt wird.
Marcus Stimler, Leiter der IHK-Zweigstelle Velbert, hält den Standort Velbert in Sachen Wohnen, Leben und Arbeiten für nicht so schlecht: Bezahlbarer Wohnraum sei da, in der Innenstadt habe sich mit Stadtgalerie und Platz am Offers viel zum Positiven verändert, demnächst noch mit dem Umbau von Forum und Hertie-Haus. Das Große Feld biete viele Möglichkeiten, auch für vorhandene Betriebe.