Tagesbetreuung: Ratingen hält an harten Grenzen fest
Was noch ein Einzelfall ist, soll künftig die Regel sein: Das Jugendamt zahlt nur für Tagesmütter auf Ratinger Gebiet.
Ratingen. Es ist ein Präzedenzfall, den das Jugendamt da in Ratingen mit Beatrice Wotruba geschaffen hat: Wie am Donnerstag berichtet, wurde der Hombergerin in letzter Sekunde nicht die Tagesmutter im nahe gelegenen Wülfrath genehmigt. Nun muss sich nicht nur die 33-Jährige eiligst eine Alternative für ihre einjährige Tochter Helene suchen - auch andere Ratinger Familien sind betroffen. Denn die Betreuung über Stadtgrenzen hinweg ist kein Einzelfall: Allein bei der Wülfrather Tagesmutter Anke Emmerich, die sich schon auf die kleine Helene eingestellt hatte, sind noch zwei weitere Kinder aus Ratingen untergebracht.
"Daran wird sich auch nichts ändern, Bestandsfälle lassen wir so laufen", sagte am Donnerstag Dagmar Huber, stellvertretende Jugendamtsleiterin. Für die Zukunft hat das Jugendamt allerdings eine klare Linie gefunden. Und die besagt, dass nur Tagesmütter im eigenen Stadtgebiet finanziert werden.
Es habe keine Alternative zu dieser Entscheidung gegeben, sagt Huber. Paragraf 23 des Sozialgesetzbuchs VIII lasse gar keine andere Auslegung zu. Demnach haben Tageseltern nämlich nicht nur Anspruch auf ein Entgelt vom Jugendamt, sondern auch auf Sozialleistungen und Qualifizierung. Und die müsse, genauso wie die Qualitätskontrolle durch die Behörde vor Ort erbracht werden.
Dass die Praxis derzeit noch anders als die neue Rechtsauffassung aussieht, erklärt Huber mit dem gewachsenen System: "Die Tagespflege hat einen neuen gesellschaftlichen Stellenwert bekommen - jetzt muss die Praxis erst einmal gelebt werden." Als die Nachfrage nach der flexiblen Betreuungsform rapide anstieg, hatte das Jugendamt zunächst eine Ausnahme nach der anderen genehmigt. "Wenn es aber so weiter geht, kommen wir in eine planerische Schieflage."
Huber rechnet damit, dass auch andere Kommunen nachziehen werden. Mit den betroffenen Nachbarn - wie Wülfrath - wurde der Kontakt bereits aufgenommen: "Es gab auch schon erste positive Rückmeldungen."
Auch seitens der Politik gibt es Verständnis für das Vorgehen. Susanne Stocks (Grüne), die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, kritisiert aber, dass die Wahlfreiheit der Mütter beschnitten wird: "Ein Kind sollte zu der Tagesmutter gehen, die das Vertrauen der Eltern genießt. Wer dann die Finanzierung übernimmt, darüber müssen sich dann die Jugendämter verständigen."
Auch David Lüngen, für die CDU im Jugendhilfeausschuss, findet die Rechtsauffassung nachvollziehbar: "Das ergibt grundsätzlich Sinn. Unabhängig davon dürfen Mutter und Kind aber keine Nachteile erleiden." Schließlich werde die Frage des Betreuungs-Tourismus ja erst durch fehlende Angebote in Ratingen zum Problem: "Gäbe es genügend Plätze in Homberg, würde die Mutter nicht nach Wülfrath ausweichen. In solchen Fällen sollten die Ämter etwas unbürokratischer sein."