Velbert: Der Chef droht mit Baustopp
Politik: Die Stadt bringt den Entwurf für einen Doppelhaushalt ein. Bürgermeister Stefan Freitag kündigt Konsequenzen an, wenn die Politiker das Sparpaket ablehnen.
Velbert. 35 Millionen Euro in 2009, 44 Millionen Euro in diesem, 27 Millionen Euro im nächsten Jahr: In der Summe 106 Millionen Euro groß ist das Defizit, das Velbert in drei Jahren einfährt. Zeit für geschichtsträchtige Entscheidungen. Das meint Bürgermeister Stefan Freitag, der eine "historisch einmalige Situation in Velbert" ausgemacht und im Rat Dienstagabend daher auch eine "historische Zäsur" ankündigt hat. Mit Kämmerer Sven Lindemann brachte er den Doppelhaushalt 2010/2011 und ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) ein, "die nur eines zum Ziel haben: Das Schlimmste zu verhindern".
Eine Überschuldung Velberts müsse mittelfristig ausgeschlossen werden, das werde mit dem HSK angestrebt. "Eine nachhaltige Konsolidierung ist das nicht." Nur wenn die Überschuldung verhindert werden könnte, "werden wir die kommunale Selbstverwaltung erhalten".
Am 30. November stehen Etat und HSK zur Abstimmung im Rat. Gebe es dann keine Mehrheit für die Vorschläge der Verwaltung, "werden der Kämmerer und ich am 1.Dezember einen Baustopp für die Vorhaben Bürgerhaus Langenberg und Schloss Hardenberg verhängen. Ohne Haushalt können wir unseren Eigenanteil an den Maßnahmen nicht mehr darstellen", so Freitag unmissverständlich.
Das HSK hat ein Einsparpotenzial von mehr als 67 Millionen Euro. Darin wird nicht mehr die Schließung von drei Grundschulen gefordert. Dennoch: Mittelfristig sollen drei Grundschulgebäude aufgegeben werden. Aus Sicht von Freitag soll die Einsparung von 300000 Euro aber nicht in die Schuldentilgung, sondern in das Bildungssystem fließen, "um zum Beispiel flexiblere Ganztagslösungen anbieten zu können".
Freitag betont, dass auch das Rathaus einen wesentlichen Sparbeitrag leisten werde. Bis 2017 sollen 70 Vollzeitstellen abgebaut werden - zehn Prozent des Personaletats. Sozialverträglich soll der Bestand schon bis 2014 um 50 Stellen reduziert werden - ein Sparvolumen von 1,7 Millionen Euro.
Den "größten Sprengsatz" sieht Freitag in den kommunalen Gebäuden und deren Unterhaltungsstau. Von alten Gebäuden müsse man sich trennen. Dazu zählt unter anderem die Stadthalle Neviges. "Velbert hat dann weiterhin ausreichend Veranstaltungshallen", so Freitag. Auch an der Schließung des Nizzabades hält die Verwaltung fest. Mit der Erhöhung von Grundsteuer B und der Vergnügungssteuer sollen mehrere 100000 Euro in die Kasse gespült werden.
Als überholt bewertet Freitag den Gebietsveränderungsvertrag von 1973. Damals habe Velbert 96000 Einwohner gehabt, 84000 sind es heute. Eine Stadt dieser Größenordnung müsse sich als Ganzes verstehen und präsentieren, sagt Freitag und fordert die Auflösung der Stadtbezirke. Nicht in allen Stadtteilen müsse das komplette Verwaltungsprogramm angeboten werden. Dennoch sollen Servicebüros und Büchereien erhalten bleiben.