Neviges Wohnen wo früher gefeiert wurde

Neviges. · „Eine der größten Herausforderungen war es, hier Licht hinein zu bekommen“, berichtet Architektin Katherina Schneider vom Umbau der Nevigeser Stadthalle, der jetzt beendet ist. Aus dem einst „dunklen Loch“, wie Pessimisten schimpften, sind sechs helle Wohnungen unterschiedlicher Größe geworden.

So sieht es am ehemaligen Bühneneingang der Stadthalle aus: Architektin Katherina Schneider präsentiert das „Mehrgenerationhaus“, mit 325 Quadratmetern die größte der neuen Wohnungen.

Foto: Ulrich Bangert

Nichts erinnert mehr an den morbiden Charme, den das einstige Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Neviges zuletzt vermittelte.

Viele Bürger verbinden schöne Erinnerungen mit ihrer Stadthalle, von Theateraufführungen über Bälle bis hin zu Karnevalssitzungen und vielen anderen Veranstaltungen. Eine Renovierung war für die Stadt Velbert wirtschaftlich nicht darstellbar, das Gebäude an der Wilhelmstraße 31 wurde an die städtische Wohnungsbaugesellschaft weitergereicht, die an einen Abriss dachte, um Platz für neue Eigenheime zu schaffen.

Der LVR ordnet das Gebäude als „erhaltenswertes Kulturgut“ ein

Während die Velberter Denkmalbehörde bereit war, den Schutzstatus aufzuheben, sah das die Obere Denkmalbehörde beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) anders: „Die im Bauhaus-Stil errichtete Stadthalle ist ein Solitär, ein erhaltenswertes Kulturgut.“ Schließlich stieß der Investor Harjid Singh-Georg durch ein Internetinserat auf diesen Edelstein und gab ihm einen neuen Schliff.

Die Nevigeser bekamen von den umfangreichen Bauarbeiten kaum etwas mit, die Ansicht von der Straße aus wurde nicht angetastet. „Wir konnten kein schweres Baugerät einsetzen, dafür war kein Platz. Es wurde fast alles von Hand gemacht. Neben der Stadthalle wurde fast jeden Tag ein voller Container abgefahren.“ Katherina Schneider ließ Teile des Daches und des Saales für einen Innenhof einreißen, die Außenwände zum Hang hin wurden um einige Meter nach innen verschoben. In den neuen Mauern wurden tiefe Fenster eingesetzt – es ergaben sich lichtdurchflutete, helle und großzügige Räume. Damit die künftigen Mieter nicht auf ein verkommenes Haus mit zugewuchertem Grundstück schauen müssen, wurde das benachbarte Haus an der Denkmalstraße von dem Wuppertaler Unternehmer gleich mitgekauft und renoviert.

Viel ist drinnen von der alten Stadthalle nicht übrig geblieben: Das Foyer wirkt auf einmal großzüg, weil der Tresen verschwunden ist, die dahinter befindliche Garderobe wurde zu einer Waschküche mit Trockenräumen. Wer die Treppe hinauf geht, trifft geradeaus nicht mehr auf den Tresen mit der winzigen Küche dahinter, sondern auf eine kleine Wohnung. Wer nun wie früher nach rechts in den Saal abbiegt, steht im Freien: Der neue Innenhof bietet den Zugang zu zwei üppigen Wohnungen mit je 140 Quadratmeter auf je zwei Etagen. „Die obere Wohnung werden wir noch durch einen Balkon aufwerten“, kündigt Katherina Schneider an und führt ums Gebäude herum zum ehemaligen Bühneneingang an der Seite. „Das ist praktisch ein eigenes Haus, man könnte es ein Mehrgenerationenhaus nennen.“ Satte 325 Quadratmeter stehen auf mehreren Etagen zur Verfügung, mit vielen Bädern und Möglichkeiten für Hobbyräume. Die einstige Bühne ist in zwei Etagen unterteilt. In der oberen weist die Architektin auf die Eisenkonstruktion hin, an der früher die Bühnentechnik befestigt war, darüber lassen neue Dachfenster wieder viel Licht hinein.

Harjid Singh-Georg hatte die leerstehende Stadthalle im Oktober 2018 erworben, bereits am 30. Dezember desselben Jahres stellte Katherina Schneider den Bauantrag, rechtzeitig vor dem Inkrafttreten einer neuen Baurechtsverordnung, die den Umbau kostspieliger gemacht hätte. Seit April 2019 liefen die Arbeiten, die jetzt weitgehend abgeschlossen sind, durch Corona verzögerte sich die Bauabnahme. „Ich hoffe, die Nevigeser sind zufrieden, dann freut sich der Bauherr“, gibt sich der Investor bescheiden, der gerne ungewöhnliche Bauten einer neuen Nutzung zuführt.