Herr Sträßer, was hat die Pandemie für Auswirkungen auf Landesebene?
Wülfrath „Wülfrath braucht einen besseren Mix an Unternehmen“
Wülfrath · . Der CDU-Landtagsabgeordnete Martin Sträßer spricht im Interview über neue Entwicklungen auf Landesebene, die er auf die Stadt Wülfrath herunterbricht. Diese Entwicklungen wurden, besonders in den vergangenen Monaten, stark von der Corona-Pandemie bestimmt und lassen sich in allen Themenbereichen wiederfinden.
Martin Sträßer: Ich möchte bewusst positiv antworten. Viele Themen wurden beschleunigt. Dazu zählt besonders die Digitalisierung. Der Digitalpakt wurde im September 2019 vom Bund mit fünf Milliarden Euro bewilligt, aber bisher haben die Kommunen kaum Geld abgerufen. In Wülfrath haben zwar einige Schulen das notwendige Anforderungskonzept entworfen, dabei ist es bisher leider geblieben. Außer Velbert hat noch keine Stadt im Kreis Mettmann Bewilligungsbescheide erhalten. Hier müssen die Städte schneller werden. Zumal Bund und Land mit der „Digitalen Bildungsoffensive“ noch zusätzliche Finanzmittel in Höhe von 350 Millionen Euro bereitstellen. Damit sollen erstmals Endgeräte für alle Lehrkräfte und bedürftige Kinder finanziert werden, aber auch die Ausweitung der digitalen Schulplattform und Fortbildungen für Lehrkräfte.
Bleiben wir beim Bildungsbereich. Die Corona-Pandemie hat Lehrkräfteausfälle hervorgerufen. Wie wird mit dieser Situation auf Landesebene umgegangen?
Sträßer: Lehrkräftemangel gab es schon vor Corona. In Wülfrath gibt es – soweit mir bekannt – keine überdurchschnittlichen Corona-bedingten Ausfälle. Insgesamt haben die Schulen die Herausforderung gut gemeistert – auch die Abschlussprüfungen. Die Leistung verdient höchsten Respekt. Bei ungewöhnlichem Lehrkräfteausfall muss über die Schulaufsicht geholfen werden. Dann werden bekannte Maßnahmen geprüft: Aufstockung von Teilzeitarbeit, stärkerer Einsatz von Referendarkräften, Quereinstieg aus anderen Berufen, Abordnungen. Ob vor, mit oder nach Corona: wir brauchen mehr Lehrkräfte – aber das braucht Zeit.
Der Virus reißt tiefe Löcher in die kommunalen Haushalte. Gelder, die dringend für kommunale Aufgaben benötigt werden. Wie schafft das Land diesbezüglich Abhilfe?
Sträßer: Haushaltslöcher gibt es auch bei Bund und Ländern. Trotzdem unterstützen Bund und Land jetzt die Kommunen mit der unglaublichen Summe von 8,9 Milliarden Euro. Damit werden Einnahmeausfälle ausgeglichen – 2,8 Milliarden Euro für Gewerbesteuer, 700 Millionen für den ÖPNV – und Zukunftsinvestitionen gefördert – 400 Millionen Euro für Städtebau, Infrastruktur, Klimaschutz, Altlastensanierung. Ganz wichtig ist, dass der Bund die Kommunen zusätzlich bei Soziallasten entlastet – dauerhaft und nicht nur für ein Jahr. Das war eine Initiative aus NRW. Für Wülfrath sind das zwischen 600 000 und 700 000 Euro. Das ist mehr als der städtische Zuschuss für die Wülfrather Wasserwelt. Ein toller Erfolg.
Ein Verlierer der Pandemie ist die Wirtschaft. Wie beurteilen Sie die Situation?
Sträßer: Über die Corona-Soforthilfe haben Bund und Land 4,5 Millionen Euro an 430 000 Empfänger ausgezahlt. Einzelhändler, aber auch die Gastronomie oder Solo-Selbstständige haben besonders zu kämpfen. Das Land hilft hier zusätzlich. Zudem gibt es eine Reihe weiterer Instrumente, wie etwa die Kurzarbeit und Stundungen von Steuern und Abgaben. Mehr Kindergeld und Mehrwertsteuerreduzierung entlasten zusätzlich die Verbraucher und regen den Konsum an. Das alles war nur möglich, weil Bund und Land in den letzten Jahren weniger Schulden gemacht haben. Und auch die Arbeitslosenzahlen beweisen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sie steigen geringer als anderswo – beispielsweise in Amerika.
Was tut sich bei Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung? Muss man hier auch umdenken?
Sträßer: Die Corona-Pandemie hat fast alle Bereiche getroffen. Um nicht mehr so industrielastig zu sein, braucht Wülfrath – auch unabhängig von Corona – einen besseren Mix an Unternehmen. Junge Unternehmen aus neuen Branchen sind wiederum Magneten für den Zuzug junger Familien, die Wülfrath ebenfalls braucht. Dazu gehören dann auch mehr Wohnraum und mehr Klimaschutz. Auch diese Investitionen fördert das Land in großem Maß.
Damit verbunden ist auch ein funktionierendes ÖPNV- und Radwegenetz. Wie kann die Landespolitik diesbezüglich helfen?
Sträßer: Noch nie hat eine Landesregierung so viel Geld für Radwege ausgegeben. Und durch das erste „Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz“ überhaupt wollen wir Radschnellwege, ein „Radvorrangnetz“ und lokale Radverbindungen schneller umsetzen. Mich ärgert sehr, dass der Ausbau des Radweges zum S-Bahnhof Hahnenfurth-Düssel stockt. Dieser und der S-Bahnhof in Aprath müssen schneller und besser angeschlossen werden- durch Rad und Bahn. Am Land scheitert auch das nicht.